Inhalt:
Während der verheerenden Schlacht bei Wolf 359 der Borg gegen die Flotte der Föderation wird das Schiff, auf dem sich Benjamin Sisko befindet, von einem vernichtenden Schlag getroffen. Siskos Frau Jennifer ist tot, er selbst kann mit seinem Sohn Jake in einer Rettungskapsel entkommen. Drei Jahre später soll Sisko die bajoranische Raumstation Deep Space Nine kommandieren. Die Station wurde von den Cardassians mittels bajoranischer Sklaven erbaut und nach dem Ende der Besetzung von Bajor aufgegeben. So beeindruckend das Gebilde von außen erscheint, so enttäuschend ist der Zustand der Station. Kaum mehr etwas funktioniert, die meisten wollen Deep Space Nine verlassen. Der erste Offizier Kira Nerys, eine Bajoranerin, begegnet Sisko mit Feindseligkeit. Jetzt, nachdem die Cardassian den Planeten Bajor völlig ausgebeutet haben, sieht sie in der Föderation nur eine weitere Großmacht, welche Bajor unterdrücken möchte. Odo, der Sicherheitschef der Station, ist ein Formwandler von unbekannter Herkunft. Quark, ein Ferengi und Barkeeper von Deep Space Nine, will ebenfalls nicht länger bleiben. Doch Quarks jugendlicher Neffe droht wegen Diebstahls im Gefängnis von Bajor zu landen. Sisko bietet Quark an, den Jungen vor der Gefangenschaft zu bewahren, wenn Quark dafür nicht abreist. Der ehemalige Transporterchef der Enterprise, Miles O'Brien, wird Operation Manager. Da so gut wie nichts funktioniert, hat er alle Hände voll zu tun. Jadzia Dax, die Wissenschaftsoffizierin, kennt Sisko bereits von früher. Sie gehört zu der Rasse der Trills, die zwar humanoid aussehen, deren eigentliches Wesen jedoch ein kleiner, häßlicher Symbiont ist, der sich innerhalb des Gastkörpers befindet. Hinzu kommt noch der junge Dr. Julian Bashir, der Arzt auf Deep Space Nine. Sisko verhält sich gegenüber Picard, der sich mit der Enterprise ebenfalls im Orbit von Bajor aufhält, sehr feindselig, da er ihn noch gut als Borg-Anführer Locutus, den Mörder seiner Frau, in Erinnerung hat. Er bittet um eine Versetzung. Auf Bajor erlebt Sisko eine geheimnisvolle Zeremonie. Die spirituelle Führerin Kai Opaka zeigt ihm einen magischen Drehkörper, den sie die "Träne des Propheten" nennt und der Erinnerungen lebendig werden läßt. Weitere acht Drehkörper, welche über einen Zeitraum von zehntausend Jahren auf Bajor gefunden wurden, befinden sich in den Händen der Cardassianern. Sie bittet Sisko, den "Himmlichen Tempel", den Ursprung der Drehkörper, zu finden. Die provisorische Regierung von Bajor hat große Autoritätsprobleme, aber der Besitzer von mehreren dieser Drehkörper könnte sich den notwendigen Einfluß verschaffen, da für die Bajoraner die Mystik eine große Rolle spielt. Dax untersucht den Drehkörper und stößt bei ihrer Suche nach dessen Herkunft auf ein Wurmloch. Sisko und Dax durchfliegen mit einem Shuttleschiff das Wurmloch, das zum weit entfernten Gamma Quadranten führt. Sie vermuten, daß, wenn über einen so langen Zeitraum derart gleiche Drehkörper durch das Wurmloch aufgetaucht sind, es sich um das einzige stabile Wurmloch handelt, welches bekannt ist. Bei der Rückkehr bleibt das Shuttle plötzlich im Wurmloch stecken. Dax kehrt innerhalb eines Drehkörper zur Station zurück, während Sisko auf gestaltlose Außerirdische trifft, die mit ihm durch Erinnerungen und durch Personen kommunizieren, die Sisko kennt, wie seine Frau oder sein Sohn. Sisko erfährt, daß die Fremden, für die Zeit und Raum nicht existieren, das Wurmloch erschaffen haben. Die Cardassianer werden ebenfalls auf das Wurmloch aufmerksam und durchqueren es. Die fremden Wesen fühlen sich dadurch bedroht und lösen das Wurmloch auf. Als sich weitere, kriegerisch eingestellte Cardassianer der Station nähern, glauben sie nicht an das Wurmloch, sondern vermuten, man hätte auf Deep Space Nine die Cardassianer-Schiffe zerstört. Also beginnen sie, die völlig schutzlose Raumstation zu befeuern. Sisko wird unterdessen von den Fremden im Wurmloch immer wieder mit der Erinnerung an den Tod seiner Frau konfrontiert. Die Fremden verlieren ihr Mißtrauen, als sie erkennen, daß auch für die Menschen "zeitlose" Dinge existieren, und zwar in Form von Erinnerungen. Sie rekonstruieren das Wurmloch, das Sisko mit den zwei Cardassianer-Schiffen verlassen kann. Die Cardassianer erkennen ihren Irrtum und stellen ihr Feuer ein. Sisko bittet Picard, sein Gesuch um Versetzung zu ignorieren.
Kritik:
Der sehr aufwendig gemachte Pilotfilm beeindruckt durch seine erstklassigen Special Effects und durch die sehr großen Kulissen. Die Autoren benutzten ihre Story geschickt, um die Charaktere vorzustellen, ohne dabei den Erzählfluß aus den Augen zu verlieren. Das Ambiente ist düsterer und dadurch wohl moderner, ohne jedoch zum bekannten STAR TREK-Universum in Widerspruch zu stehen, was zeigt, wie vielfältig das STAR TREK-Universum tatsächlich ist.
Gewöhnungsbedürftig, aber nicht ohne Reiz waren die dunklen Kulissen, der stimmungsvolle Soundtrack mit seinen bedrohlichen Klängen sowie die ausgesprochen detailreichen Modell-Bauten, die einen STAR WARS-mäßigen, gebrauchten Eindruck machten und dadurch "realistischer" wirkten. Hier sticht natürlich die Raumstation hervor, die perfekt entworfen und in Szene gesetzt wurde. Da man mit einer Raumstation nicht so viele Möglichkeiten hat wie mit einem beweglichen Raumschiff, wählte man immer wieder neue und erkennbar wohlüberlegte Kamerapositionen, was das Fehlen von "Action" locker wettmachte. Auch im Innern der Station sind die Szenenabläufe längst nicht mehr so übersichtlich und geordnet wie in TNG, im Kontrollzentrum der Station herrscht fast durchgehend Hektik, was durch komplizierte Kamerafahrten und agierende Statisten im Hintergrund unterstrichen wurde. Dadurch wirkt das Geschehen wesentlich interessanter und steht damit nicht nur weit über dem gewohnten TV-Niveau, sondern übertrifft sogar noch TNG.
Die Darsteller waren allesamt sehr überzeugend und man konnte sich bereits beim Betrachten des Pilotfilms gut vorstellen, daß man für sie die gleiche Sympathie entwickeln würde wie für die Figuren der Next Generation. Allen voran glänzte Avery Brooks als Benjamin Sisko, der gegenüber Kirk oder Picard einen weitaus weniger strengen Eindruck machte und wohl in Zukunft den ruhenden, besänftigenden Pol von Deep Space Nine darstellt. Auf die Frage, wie er denn einen weiteren Kontrast zu den sehr gegensätzlichen Star Trek-Captain Kirk und Picard bilden wolle, meinte Avery Brooks: "Im Moment bin ich erst noch dabei, Siskos Charakter zu erforschen. Ich weiß nur soviel: Er hat mit vielen Situationen und Gefühlen zu kämpfen. Er ist ein großer Denker. Es sagt, was er fühlt. Das genügt mit für den Anfang. Nun muß ich zusammen mit der Figur wachsen." (STARLOG 186).
Die Produzenten Berman und Piller betonten übrigens glaubhaft, daß man die Hauptrolle nicht deshalb einem Schwarzen gab, weil es dafür an der Zeit war, sondern weil ihnen Avery Brooks als die beste Wahl für den Darsteller des Benjamin Sisko erschien. So ließ man zunächst für die Rolle von Siskos Sohn Jake sowohl weiße als auch farbige Jugendliche vorsprechen, bis man wußte, daß Jake ein Schwarzer sein würde.
Sisko mit seinem kindlichen, verschmitzten Grinsen und seiner Art, andere mit der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit anzustecken, ist daher wohl auch der originellste Charakter von Deep Space Nine. Bei den restlichen Figuren lassen sich eher Parallelen zur Next Generation finden. Die ruhige, besonnene und attraktive Dax erinnert an Deanna Troi, obzwar Dax schon etwas distanzierter ist, logischerweise, war sie doch noch vor kurzem ein alter Greis. Odo, der finstere Formwandler, hat ein strenges Auftreten, er ist offenbar durch und durch pflichtbewußt, was einen zwangsläufig an Worf denken läßt. Gleichermaßen wird dann wohl auch Odos Verklemmtheit und Stolz zur Situationskomik beitragen.
Daß Kira Nerys als erster Offizier stark an Ro Laren erinnert hat seinen Grund, sollte doch Michelle Forbes ursprünglich die Rolle übernehmen. Daß sie es nicht getan hat, dürfte kaum einer bedauern, denn ihr "Ersatz" Nana Visitor ist eine Darstellerin mit zumindest ebenbürtiger Ausstrahlung. Wäre noch Dr. Julian Bashir zu erwähnen, der im Moment noch zur Gattung abenteuerlicher Hitzkopf und Schürzenjäger gehört und damit an den Riker der ersten Season erinnert. Damit Bashir nicht zu viel von der Handlung auf sich zieht und von Sisko ablenkt, wird er wohl die gleiche Entwicklung wie Riker durchmachen. Im Pilotfilm noch ausgesprochen nichtssagende Rollen hatten Jake Sisko und der Ferengi Quark. Inwieweit sie Potential besitzen, wird sich wohl insbesondere in der zweiten Season herausstellen, wenn die Autoren eine klarere Vorstellung von den Figuren haben und sie den Darstellern auf den Leib schreiben können. Jake scheint zumindest kein zweiter Wesley Crusher zu werden. Gleiches gilt für O'Brien, dessen bekannter, skeptischer Gesichtsausdruck ja ganz amüsant ist, dessen Figur aber auch keine nennenswerten Besonderheiten besitzt, welche zu diesem Zeitpunkt auf ein vielversprechendes Potential hindeuten würden.
Bei einem direkten Vergleich kommen die TNG Charaktere Picard, Data, Troi, Worf und Beverly Crusher in Sachen Originalität noch ein bißchen besser weg. Ob das so bleibt, wird die Zukunft zeigen. Für der Anfang war "Star Trek - Deep Space Nine" mehr als überzeugend.
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