Star Trek - The Next Generation: 115
"Power Play" (Ungebetene Gäste)

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Staffel5
114: "Conundrum"
116: "Ethics"
US-Erstsendung:
24.2.1992

SAT1-Erstsendung:
25.4.1994

Regie:
David Livingston

Drehbuch:
Rene Balcer,
Herbert J. Wright, and
Brannon Braga

Story:
Paul Ruben and
Maurice Hurley

Gaststars:
Rosalind Chao
als Keiko O'Brien

Colm Meaney
als Miles O'Brien

Michelle Forbes
als Ensign Ro Laren

Ryan Reid
als Transporter Techniker

Majel Barrett
als Computerstimme

Inhalt:

SzenenbildTroi, Data, Riker und O'Brien verirren sich – zufällig und unwissentlich – in eine außerirdische Strafkolonie, in der die körperlosen Bewusstsein der Verdammten umherschwirren. Prompt werden Troi, Data und O'Brien besessen – nicht jedoch Riker, der einen gebrochenen Arm hat und so als beschädigte Ware gilt.

Auf die Enterprise zurückgekehrt, versuchen die drei Besessenen, das Schiff in ihre Gewalt zu bringen. Dies misslingt, jedoch können sie Geiseln in Ten Forward nehmen. Die drei geben sich als Geister der Besatzung eines Föderationsschiffes aus, das vor zweihundert Jahren auf dem Mond bruchlandete. Sie fordern nun, dass die Enterprise über den südlichen Pol des Mondes fliegt. Dort wollen sie angeblich ihre eigenen leiblichen Überreste an Bord beamen, ordentlich beerdigen und so endlich zur Ruhe kommen.

Picard durchschaut jedoch die Lüge. Er begleitet die drei Geiselnehmer in einen Frachtraum, wo sie weitere Sträflinge vom Planeten hochbeamen – dies der eigentliche Plan! Picard erhält nun Hilfe von Beverly Crusher, die ein Kraftfeld vorbereitet hat, welches im ganzen Frachtraum alle Sträflinge immobilisiert, die sich noch nicht in einem Körper befinden. Er droht damit, die Luftschleuse des Frachtraums zu öffnen: Alle würden ins All geblasen, alle würden sterben, auch Picard und die besessene Troi und O'Brien. Nachdem Picard die Sträflinge überzeugt hat, dass er und seine Crew zu diesem Opfer durchaus bereit wären, sehen die Sträflinge die Aussichtslosigkeit ihrer Situation ein und lassen sich in die Strafkolonie zurückbringen.

Kommentar:

"Power Play" macht mir großen Spaß. Es ist eine jener stimmungsvollen Episoden der fünften Season, über die ich mich in meiner Rezension zu "Darmok" so enthusiastisch auslasse. Die Episode erzählt eine clevere kleine Geschichte, aber es geht wirklich mehr um Stil und Stimmung. Wie viele große Hollywoodfilme hat die Episode mehr als eine handvoll Autoren (einer davon Brannon Braga), aber sie gehört mehr dem Regisseur. Dies ist David Livingstons Episode: Er sorgt für die mitreißende Umsetzung, er bringt den Schwung, die Spannung, die Ästhetik in Szenen, die eigentlich ein geringeres Schicksal erwarten mussten. Ich sage dies nicht nur auf der Grundlage dieser Episode, sondern auch deshalb, weil ich die Beiträge dieses Regisseurs zu "Star Trek" seit einigen Jahren verfolge. (Ein Blick auf meine Rezension zu "Scientific Method" von "Star Trek: Voyager" erläutert, was ich meine.) Diese Episode trägt bereits Livingstons stilistischen Fingerabdruck, obwohl es erst seine zweite für "Star Trek" ist. Man beachte beispielsweise die erste Aufnahme des Teasers, in der sich Picard, Riker und Data im Vordergrund besprechen und Troi im Hintergrund auf die Brücke läuft: Zuerst bemerken wir sie gar nicht, dann plötzlich steht sie im Mittelpunkt der Bildkomposition, und nach und nach rückt sie zu uns in den Vordergrund. Wie elegant, wie ausdrucksstark; welch eine Einleitung für eine Episode mit Troi als Hauptfigur.

Aber Livingston ist nicht alleine: Man achte auf die Beleuchtung, man höre auf die Musik. Es geht mir dabei nicht um einen bestimmten künstlerischen Anspruch (obwohl ich den nicht verneinen möchte), sondern um die einzigartige Zusammenarbeit der Elemente, um Stimmung zu erzeugen.

Ich lobe nicht oft die Darsteller. Ich vertrete eine Spielart der Hitchcock'schen Ansicht: Schauspieler sollen nach rechts schauen, dann nach links, den Rest erledigt der Schnitt. Aber ich glaube, hier müssen sie gelobt werden: Marina Sirtis kostet ihre Rolle offensichtlich aus ("simply, finally... to rest"), und sie scheint sich gut zu vergnügen – es ist ansteckend. Brent Spiner ist ohnehin immer großartig, wenn Data auf die dunkle Seite wechselt, und Colm Meaney sehe ich beinahe in der Rolle von James Gandolfini in "The Sopranos" (nur wäre es halt die irische Mafia).

Um nun doch noch einmal zum Drehbuch zurück zu kehren: Ich möchte ihm nicht Unrecht tun. Es ist wenig mehr als ein Rahmen um Actionszenen herum, aber es ist ein solider Rahmen, und es vermag gegen Ende einiges an Spannung zu erzeugen – ich habe langweiligere Thriller gesehen. Mir gefällt vor allem erneut, wie gut die Prämisse letztlich durchdacht und erweitert wird. Riker wird also nicht besessen, weil er eine Verletzung hatte, weil er Schmerz empfand: Nun gut, erzeugen wir doch Schmerz in den besessenen Personen, mal sehen, was dann geschieht. Ich nenne dies einen intelligenten erzählerischen Kniff – genau die Art von Kniff übrigens, die einer ankerlosen Story Zusammenhalt gibt. Ankerlos: Denn irgendwie besteht bei Geschichten wie dieser immer ein wenig die Gefahr, dass die Fantasie aus allen Bahnen ausbricht und am Ende selbst ein Toaster besessen werden kann, bis man die Geschichte schließlich mit völlig willkürlichen "modulierten Hünzentünzpartikel" auflöst. Aber nicht hier: Rikers Verletzung etabliert schon zu Anfang eine Möglichkeit des Exorzismus. Elegant natürlich auch die Auflösung an sich, die nach dem Prinzip des Schachs verläuft: Der Gegner ist nicht tot, aber er hat keinen Ausweg mehr. (Zugegebenermaßen kommen die Hünzentünzpartikel hier doch noch zum Zug!) Und wie beim Schach geht es nicht so sehr darum, wer gewinnt, sondern vielmehr um die Freude am Spiel.

Bemerkenswertes:

Die Essex gehöre der Daidalos Klasse an: Dies der Name des mythischen Mannes, der zusammen mit seinem Sohn Ikaros aus einem Gefängnis ausbrach, indem sie sich Flügel aus Wachs und Feder bauten. Vielleicht eine Anspielung auf die Handlung der Episode, allerdings war Daidalos' Flucht, im Gegensatz zur jener seines Sohnes Ikaros, erfolgreich.

Michael Piller teilt meine Ansicht nicht, dass diese Episode großen Spaß macht: Er teilt jedoch meine Begeisterung ob David Livingstons Regie. Dies entnehme ich aus Gross, Altman: "Captain's Logs". Ich verstehe die Haltung gut, denn die Episode ist tatsächlich reichlich leer. Aber ich denke, dass die Form hier so gelungen ist, dass sie den Inhalt sogar zu ersetzen vermag. Natürlich wäre dies kein Rezept für eine erfolgreiche Serie, aber es ist durchaus eine willkommene Abwechslung.

Nitpicking:

Es ist erstaunlich, dass Picard von Anfang an Riker vertraut und gar nicht auf die Idee kommt, dass man ihn zumindest im Auge behalten sollte, da er ja Teil des Außenteams war.

Es ist zudem erstaunlich, dass Picard von Anfang an sicher ist, dass er nicht mit dem Geist eines alten Captains spricht: Worfs Einwand, dass die Geister ja einfach übergeschnappt sein könnten, klingt für mich logisch, und merkwürdigere Dinge haben sich in diesem Universum zugetragen.

Zitate:

"They're coming. They're coming with the storm."
(Troi)

"This is what starship designers call easy access."
(Geordi in einem Jeffrey's Tube)

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116: "Ethics"
Letztes Update:
15. Februar 2004

©2004 Rafael Scholl.