Enterprise: 16
"Shuttlepod One" (Allein)

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Staffel1
15: "Shadows..."
17: "Fusion"
US-Erstsendung:
13.2.2002

SAT1-Erstsendung:
8.8.2003

Regie:
David Livingston

Drehbuch:
Rick Berman
Brannon Braga

Inhalt:

SzenenbildTrip und Reed kommen drei Tage wegen einer ausgefallenen Sensorenphalanx zu früh von einer Shuttlemission zurück. Die Enterprise wollte am vereinbarten Treffpunkt ein Asteroidenfeld untersuchen, ist aber nirgends zu sehen. Dann entdecken sie die Überreste eines großen Raumschiffs auf einem Asteroiden. Ein Schild hat die Aufschrift "01 ENT".

Die Enterprise transportiert inzwischen 34 Überlebende eines zerstörten Raumschiffs zurück zur Heimatwelt Tenia. Das Raumschiff der Aliens war auf einem Asteroiden abgestürzt. Kurz zuvor hatte die Enterprise die Tür einer Shuttlerampe verloren. Tückischerweise trug eine dieser Türen einen Teil der Enterprise-Beschriftung: "01 ENT". Das ganze wurde offenbar von Minisingularitäten in der Nähe des Asteroiden verursacht.

Trip und Reed sind überzeugt, dass die Enterprise vernichtet wurde. Trip möchte Echo Three erreichen, ein Subraumverstärker, den die Enterprise hinterlassen hat. Dort könnte man zumindest einen Funkspruch zur Erde schicken und erklären, was vorgefallen ist. Auch wenn der Verstärker mit normaler Impulsgeschwindigkeit nie zu erreichen ist, möchte Trip zumindest den Funkweg verkürzen.

Reed ist nun damit beschäftigt, allerlei Aufzeichnungen für die Nachwelt zu hinterlassen. Als er einschläft, träumt er davon, wie er auf der Enterprise aufwacht, wo ihm T'Pol ihre Liebe gesteht. Dann wird das Shuttle von etwas erschüttert. Das Shuttle scheint ein Leck zu haben, weil der Kabinendruck fällt. Es sind zwei Löcher, beide so klein, dass Reed und Tucker sie mit den Fingern verschließen können. Trip kann das Leck mit Kartoffelbrei abdichten. Dummerweise wurde auch der Sauerstofftank beschädigt, so dass die beiden nur noch für zwei Tage Luft haben. Um Energie für den Atmosphärenrezykler zu sparen, muss Trip die Temperatur auf 5 Grad unter Null absenken.

Auf der Enterprise erkennt man, dass tatsächlich winzige schwarze Löcher die Schäden verursacht haben. Man sorgt sich um Tucker und Reed und schickt ihnen eine Nachricht mit neuen Koordinaten, wo man sie in zwei Tagen treffen will. Die beiden erhalten die Meldung, unfähig zu antworten und der Enterprise mitzuteilen, dass sie selbst nur noch für einen Tag Luft haben. Reed hat die Idee, den Impulsantrieb abzustoßen und zur Explosion zu bringen. Dies würde die Enterprise auf sie aufmerksam machen.

Der Plan ist erfolgreich, und beide kommen auf der Enterprise zu sich.

Kritik:

"Shuttlepod One" ist eine klassische Charakterepisode: Zwei Hauptfiguren glauben, sie haben den Tod vor sich. Das Tückische an diesen Episoden ist, dass man als Zuschauer weiß, dass weder ihnen noch der Enterprise etwas passiert. Das wussten die Autoren Berman und Braga, was sie zu dem cleveren Schritt verleitete, gleich von vorneherein reinen Wein einzuschenken: Im Gegensatz zu Trip und Reed weiß man als Zuschauer, was wirklich passiert ist und warum die beiden überzeugt sind, dass die Enterprise zerstört ist.

Dummerweise funktioniert es trotzdem nicht. Denn was offenbar eine komische Episode sein soll, ist im Grunde tragisch. Es sind zwei Figuren, die glauben, dass ihre Freunde tot sind und dass sie selbst bald sterben werden; das ist nun mal nicht von sich aus witzig. Da man aber über die Hintergründe Bescheid weiß, ist es aber auch nicht wirklich tragisch. Genau in diesem Niemandsland zwischen Witz und Drama bewegen sich dann die Dialoge, die 90 Prozent der Episode ausmachen: Reed und Tucker streiten sich, und es ist allenfalls frustrierend, aber weder komisch noch traurig. Selbst die wehleidigen Videoaufzeichnungen von Reed bewirken nichts, sie entlocken uns weder ein Lächeln noch eine Träne. Krampfhaft forcierte Komik liefert dann auch eine reichlich überflüssige Traumsequenz, in der Reed von T'Pol phantasiert; leider funktioniert auch das nicht, im Gegenteil, die Szene läuft Gefahr, sehr peinlich zu werden.

Das letzte Drittel beschäftigt sich noch sehr umständlich mit der Frage, wie es den beiden gelingt, die Enterprise über die Notlage zu benachrichtigen, ein Abschnitt, bei dem sich ebenfalls keine rechte Dramatik entwickelt. Man mag die Autoren dafür loben, dass sie gar nicht erst versucht haben, dem "Rettung in letzter Sekunde"-Konzept zu entsprechen (als die Enterprise die beiden aufgreift, haben sie noch für drei Stunden Luft), aber die Vermeidung von Klischees ist für sich allein halt doch zu wenig.

Letztlich hat die Episode auch ihr Hauptziel verfehlt: Die beiden Figuren sind uns mit dieser Geschichte nicht wirklich näher gekommen. Es gibt keine neuen Einblicke, und es zeigt sich wieder einmal, dass sich eine Charakterisierung nicht mit Extremsituationen erzwingen lässt. Die Szenen sind nicht unerträglich, aber man fragt sich, was die Autoren damit bezwecken wollen, wenn Reed im angetrunkenen Zustand von "T'Pol's bum" redet. Mit Extremsituationen ist das nämlich so eine Sache; denn wenn ich jetzt einwende, dass es doch eigentlich gar nicht zu dem zurückgezogenen Einzelgänger Reed passt, wenn er lauter herzzerreißende Aufzeichnungen für seine Freunde hinterlässt, so kann man mir ja entgegenhalten, dass das ja gerade typisch sei für eine Extremsituation. Dann ist diese Situation aber für eine Charakterisierung doch recht ungeeignet. Vielleicht sollte man also erst einmal die Charaktere der Figuren im unbedrohten Zustand erforschen, das wäre zum jetzigen Zeitpunkt viel spannender.

Bei den Streitgesprächen fehlte leider auch das Besondere, das Außergewöhnliche, eben das, was "Star Trek" all die Jahre ausmachte, doch auch hier wird man mich belehren müssen: Genau das wollen die Macher von "Enterprise" nicht. Dies sind mustergültige Identifikationsfiguren für den Durchschnittsamerikaner, es ist nicht die Elite der Sternenflotte in einer weit entfernten Zukunft. Also dreht sich der Gesprächsstoff der beiden um Freundinnen, um die Über- oder Unterlegenheit der Europäer und Amerikaner und um Spekulationen darüber, dass die Vulkanier von den Menschen einen besseren Eindruck gehabt hätten, wenn Dr. Cochrane nicht aus Montana, sondern aus Europa gekommen wäre. Das ganze mündet in betrunkenem Gefasel über Freundschaft und Kameradschaft, über Frauen und Oberweiten. Das mag realistisch sein. Das mag die trügerische Klischeevorstellung von Autoren sein, was sie selbst für typisch amerikanisch halten. Das Problem ist aber auch hier: Die Durchschnittlichkeit ist angestrebt, und lässt die Macher nicht merken, wie mittelmäßig dadurch die Episode selbst wird. Gespräche wie diese könnte man auch auf jedes andere Serienkonzept übertragen. Derartige Dialoge würde man dann auch in einer Serie wie "J.A.G." hören, und es wäre garantiert kein Episodenhighlight von "J.A.G.".

Die "Next Generation" hätte uns eine solche Folge vielleicht mit Picard und Data präsentiert. Deren Dialoge hätten nicht einen imaginären Durchschnitt repräsentiert, und es wäre fesselnd gewesen, von der ersten bis zur letzten Minute. Trotz der Abweichung vom Durchschnitt, oder vielleicht gerade deswegen.

Bei Episoden wie "Shuttlepod One" braucht man sich über sinkende Quoten in den USA nicht wundern. Als einen "Sieg der Darstellerleistung über den Plot" wurde die Episode gefeiert. Das mag sogar zutreffen. Es wäre allerdings an der Zeit, mal wieder die Spannung siegen zu lassen. Die war in dieser Folge nämlich leider ziemlich abwesend. Vielleicht liegt es halt doch daran, dass uns hier Dinge gezeigt werden, die in "Star Trek" neu sein mögen, die im Fernsehen aber längst ein uralter Hut sind.

Fazit: Eine forcierte Charakterepisode, die versucht, einen Spagat zwischen Komik und Drama hinzukriegen, und die dabei auf ihrem Hintern landet. Schade um die nette Idee.

Bemerkenswertes:

Diese Episode kommt vollständig ohne Gaststars aus.

Tucker bietet Reed an, ihn Trip zu nennen.

Zitate:

Malcolm: "Sometimes I think you North Americans read nothing but comic books and those ridiculous science-fiction novels."
Trip: "Well, I'll have you know that Superman was laced with metaphor."

Reed: "We have 40 hours of air left. What do you expect me to do, sit here and plan my wedding?"

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Letztes Update:
21. April 2002

©2002 Thomas Höhl.