Inhalt:
Die Bewohner des hoch entwickelten Planeten Aldea lebten während Jahrtausenden hinter einem Tarnschild. Sie waren so gut versteckt, dass ihre Existenz nur ein Gerücht war. Ein Comupter sorgt für ihre Bedürfnisse, so dass sie sich ganz und gar der der Kunst und Kultur widmen können. Die Aldeaner sind aber unfruchtbar geworden und werden aussterben. Deshalb zeigen sie sich der Enterprise und entführen einige Kinder, unter anderem Wesley, die ihre Kultur fortsetzen sollen.
Die Aldeaner bieten Information an im Gegenzug zu den Kindern. Dies ist für Picard selbstverständlich inakzeptabel. Seine Verhandlungsversuche fallen bei den Aldeanern aber auf taube Ohren. Um ihre Macht zu beweisen, schleudern sie die Enterprise drei Tage weit weg von ihrem Planeten.
Bald findet Beverly den wahren Grund für die Unfruchtbarkeit der Aldeaner: Ihre Technik, besonders ihr Tarnschild, hat über die Jahrhunderte die Ozonschicht des Planeten beschädigt. Daraufhin wurde das Erbgut der Aldeaner von der Strahlung ihrer eigenen Sonne beschädigt. Gewappnet mit diesem Wissen und dank einer Unregelmässigkeit im Schutzschild des Planeten, kann Picard die Kontrolle über den Computer der Aldeaner übernehmen und sie gleichzeitig davon überzeugen, dass sie eine andere Lösung finden müssen: Denn auch die Kinder von der Enterprise würden auf Aldea der gefährlichen Strahlung ausgesetzt und unfruchtbar werden. Die Aldeaner lassen die Kinder frei und müssen, um ihre Atmosphäre zu schonen, ihren Tarnschild deaktivieren und ihre Isolation aufgeben.
Kommentar:
"When The Bough Breaks" ist eine kurzweilige Episode, die selbstsicherer wirkt als viele der vorangehenden. Ähnlich wie "Angel One" spielt sie auf einem fremden Planeten und hat eine Botschaft zu vermitteln. "When The Bough Breaks" ist aber weit überlegen, unter anderem da die Gesellschaft von Aldea (mitsamt ihren Problemen) glaubwürdiger dargestellt wird als jene von Angel One. Hinzu kommt der klassische Grund, dass diese Geschichte schlicht und einfach schlüssiger und spannender ist. Ein grosser Teil dieser Spannung rührt daher, dass wir am Ende genau wissen, woran unser Interesse zu hängen hat: An den Kindern und ihrer Rückkehr. Dies lädt die Diskussion zwischen Picard und den Aldeanern mit Spannung, wohingegen in "Angel One" niemand richtig weiss, ob es um die Ungerechtigkeit auf dem Planeten geht, oder um die Seuche auf der Enterprise, oder um die Rechte der Rebellen, vielleicht sogar um die Romulaner in der Neutralen Zone, und so weiter. "When The Bough Breaks" vermittelt auch die Botschaft über die Zerstörung der Ozonschicht besser, nämlich in leisen Tönen.
Wie es für "The Next Generation" üblich ist, sind die Gegner in dieser Episode vernünftig, ihre Überlegungen sind nachvollziehbar, nur dass sie in diesem Fall nicht verstehen, wie sehr die Menschen an ihren Kindern hängen. ("…trifling with primal human instincts...") Diese Vernunft spielt in die Auflösung hinein: Picard gewinnt zwar die Oberhand, benutzt sie aber massvoll. Er versucht die Aldeaner von Beverlys Erkenntnissen zu überzeugen und bietet Hilfe bei der Lösung des Problems an. Diese Hilfe wird auch angenommen. Der Ernannte von Aldea hat letztlich die Einsicht, die man sich von der Menschheit heute schon erhoffen würde: Dass Technik richtig und gefahrlos eingesetzt werden muss. Typisch für die Serie und Gene Roddenberrys Universum ist dabei die Überlegung, dass Technik nicht aus sich selbst heraus gut oder böse ist: Alles hängt davon ab, wie man sie einsetzt. Ebenso typisch ist die Überzeugung, dass die Technik auch tatsächlich richtig und gefahrlos eingesetzt werden kann: In meinen Augen ist dies die erste und optimistischste Botschaft, die "Star Trek" vermittelt. Die Analogie zum Ozonmangel in unserer Zeit oder zu jedem anderen Umweltproblem ist natürlich insofern nicht ganz treffend, als dass die Bewohner von Aldea keinen kurzfristigen (beispielsweise wirtschaftlichen) Preis für ihre Vernunft zahlen müssen.
"The Next Generation" ist eine Serie, die vom Wert der Kommunikation und der Verständigung überzeugt ist. Das zeigt sich in vielen Folgen, so auch in dieser, in den häufigen Besprechungen von Picard, einmal mit Riker über seine Strategie bei den Verhandlungen, einmal mit den Eltern der entführten Kinder im Konferenzraum. Es passt in dieses Bild, dass der Untergang der Aldeaner Hand in Hand ging mit ihrer Isolation: Es war ihr Tarnschild, der sie letztlich unfruchtbar machte.
Bemerkenswertes:
Der Titel "When The Bough Breaks" würde wörtlich übersetzt heißen "Wenn der Ast bricht", aber natürlich ist der sprichwörtliche Tropfen gemeint, der das Fass zum Überlaufen bringt. Über die Frage, worauf sich das Sprichwort im Rahmen dieser Episode beziehe, darf spekuliert werden.
Jerry Hardin spielt den "appointed one" von Aldea (mehr zum Titel folgt weiter unten). Der Schauspieler wird später in der Rolle von Samuel Clemens, das heisst Mark Twain, zur Serie zurückkehren, dies in "Time's Arrow". Eine weniger einprägsame (außerirdische) Rolle spielte er in der Episode "Emanations" von "Star Trek: Voyager". Eine seiner bekanntesten Fernsehrollen dürfte die Figur Deep Throat in "The X-Files" sein, die in der ersten Season geheime Informationen an Mulder weiter reicht.
Der Regisseur Kim Manners wurde später ebenfalls bei "The X-Files" tätig, als Regisseur und Produzent.
Nachdem sich die Jerry Hardin Figur vorgestellt hat, ist bereits klar, dass es auf dem Planeten eine kontrollierende Intelligenz geben muss, der er untergeordnet ist: Er bezeichnet sich als "appointed one", was so viel wie "der Ernannte" heißt. Man fragt sich also: Wer hat ihn ernannt? Offenbar war es der Supercomputer, der Custodian. (Das Wort lässt sich übersetzen als "Wärter", "Hüter" oder "Aufseher".) Und die Abhängigkeit von Aldea vom Custodian spielt natürlich im Lauf der Geschichte eine wichtige Rolle: Der Computer erkannte den Grund für die Unfruchtbarkeit der Aldeaner nicht, und Wissenschaftler gab es keine mehr.
Data erwähnt die romulanische Tarnvorrichtung, als er mit Wesley über Aldea spricht. Obwohl die Romulaner noch immer keinen Auftritt hatten, waren sie offenbar im Hinterkopf der Autoren, vermutlich im Hinblick auf "The Neutral Zone", das Finale der Season.
Datas Blick ist unbezahlbar, nachdem ihm Picard erklärt, unmögliche Dinge seien nur so lange unmöglich, bis sie möglich würden!
Nitpicking:
Die Geschichte führt gegen Ende zwei Handlungsstränge nicht zusammen: Die Auflösung lässt Riker und Data alleine die Kontrolle über den Computer ergreifen, obwohl darauf hingewiesen wird, dass Wesley sich mit dem Computer befasst hatte. Elegant wäre also, wenn Riker und Data nur mit Wesleys Hilfe hätten Erfolg haben können. So aber hat die Geschichte ein Zahnrad, das nicht greift. Unklar ist auch, weshalb die Verwundbarkeit des aldeanischen Tarnschilds nicht darauf zurückgeführt wird, dass die Technik nicht mehr gewartet werden kann: Auch das hätte sich nahtlos und elegant in die Geschichte eingefügt.
Zitate:
Der Begriff "Act Break" bezeichnet in amerikanischen Serien das Ende eines Aktes. Als nächstes folgt ein Werbeblock. Um das Interesse der Zuschauer durch die Werbung hindurch zu halten, soll der Act Break möglichst fesselnd sein, und einmal gelingt das dieser Episode besonders gut. Riker: "It's the children. That's what they wanted." Picard: "And that's what they have." Es wäre beinahe unnatürlich, wenn darauf irgendwelche anderen Worte folgen würden als "Fade Out".
"Learn, all over again. Now we must learn to use this power safely."
Einschaltquoten (von Martin Seebacher)
Die Folge erreichte einen 5. Platz in den Syndication Charts bei einem Rating von 10.2 Punkten.
Das ZDF konnte gute 4,2 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme locken.
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