Inhalt:
Riker wird ein eigenes Kommando auf der U.S.S. Aries angeboten. Auf der Sternenbasis Montgomery soll er von einem zivilen Strategen in seine neue Aufgabe eingewiesen werden. Was Riker nicht ahnt: Dieser Stratege ist niemand anderes als sein Vater Kyle Riker. William Riker verhält sich feindselig gegenüber seinem Vater. Seit 15 Jahren hat er nicht mit ihm gesprochen. Daher weiß er auch nicht, dass Kyle und Dr. Pulaski vor Jahren so sehr ineinander verliebt waren, dass sie beinahe geheiratet hätten.
Dr. Pulaski und Deanna Troi wundern sich, dass sich William Riker und sein Vater so feindselig verhalten. Schließlich stehen sich Vater und Sohn in einem Anbi-Jyutsu-Ring gegenüber, ein Kampfsport, den Kyle bereits mit seinem Sohn spielte, seit er acht Jahre als war. William Riker hat damals nie gegen seinen Vater gewonnen, und nun erfährt er, dass es nur daran lag, dass sein Vater beim Spiel schummelte. Kyle gibt zu, er habe das nur getan, damit William nie aufhören wollte, gegen ihn im Ring anzutreten. Schließlich können beide ihre Gefühle füreinander eingestehen.
Inzwischen versucht Wesley herauszufinden, warum sich Worf so merkwürdig verhält. Bald findet er die Antwort: Dies wäre der zehnte Jahrestag seit seiner Initiation. Also arrangiert Wesley auf dem Holodeck eine Feier, bei der Worf mit Schmerzstöcken gequält wird.
Riker entschließt sich, das Angebot auszuschlagen und erster Offizier auf der Enterprise zu bleiben.
Kommentar:
"The Icarus Factor" ist die erste Episode der "Next Generation", die gänzlich auf eine Science-Fiction-Story verzichtet, sieht man mal von dem klingonischen Ritus ab, der in einer Nebenhandlung vorkommt. Ansonsten ist dies der erste Ausflug der "Next Generation" ins Reich der Soap, und er misslingt gründlich. Man kann eben bei einer Serie mit festgelegten Figuren nicht schnell mal für 45 Minuten zur Soap mutieren: Mehr als Banales und Abgedroschenes kann dabei einfach nicht herauskommen. Das soll aber nicht heißen, dass diese Folge alles, was an Soap in der "Next Generation" möglich wäre, ausschöpft. Im Gegenteil, sie bleibt sogar noch weit unter den ohnehin stark eingeschränkten Möglichkeiten, indem sie versucht, ein Charakterdrama so ganz ohne Story zu erzählen.
Statt dessen durchläuft die Episode eine ganze Reihe von trivialen Ansätzen, in denen sie ausnahmslos stecken bleibt. Riker hat Probleme mit seinem Vater das soll bei Seriefiguren schon mal vorgekommen sein und man erfährt nie, warum eigentlich. Rikers Vater hatte eine Beziehung zu Dr. Pulaski, und wir finden weder heraus, was dies zur Story beitragen soll, noch warum es damals nichts aus den beiden wurde. Letztlich gelangt die Episode noch nicht einmal zu der permanent eingeforderten Aussprache zwischen Vater und Sohn, was vielleicht sogar ganz gut ist, weil derlei Aussprachen im Fernsehen meist an Trivialität nicht zu überbieten sind. Dennoch wäre es ja ganz interessant gewesen, zu erfahren, über was sich die beiden denn eigentlich hätten aussprechen sollen.
Geradezu entsetzlich platt ist eine Szene mit Dr. Pulaski und Deanna Troi, in der sich beide über Männer auslassen und dabei zu dem Fazit kommen, dass sie nie erwachsen werden und dass es das ist, was Frauen an ihnen so reizvoll finden. Da möchte man nur noch verzweifelt die Hände über den Kopf zusammenschlagen.
Am Ende wird noch nicht einmal klar, warum Riker das Angebot ausschlägt, ein eigenes Kommando zu übernehmen, ein Ziel, das ihn von Anfang an als der größte Wunsch unterstellt wird. Selbst wenn Riker erkennt, dass er nicht länger seinem Vater etwas beweisen muss, heißt das doch nicht, dass er deswegen gleich auf ein eigenes Kommando verzichtet. Das Problem dabei ist, dass es sich auch hier um eine TV-Plot-Schablone handelt, und zwar um eine besonders witzlose: Eine Figur steht vor einer Entscheidung, die die Serie gar nicht erlauben kann, weil die Figur sonst ausscheiden müsste. Es ist verblüffend, wie oft Serienautoren solche Stories mit der sensationellen Enthüllung enden lassen, dass sich die Figur entscheidet, in der Serie zu bleiben. Hier kommt dummerweise hinzu, dass gar nicht klar wird, was Riker überhaupt dazu veranlasst.
Michael Piller, ein Autor, der sehr analytisch an die Serie heranging, griff das Thema noch einmal sehr geschickt in dem Zweiteiler "The Best of Both Worlds" (dt.: In den Händen der Borg) auf, indem er Riker die Frage stellen lässt: Was hält mich eigentlich zurück? Derlei hätte es bereits hier geben müssen, hätte die ganze Situation irgendeinem Zweck dienen sollen.
Die Schmerzstöcke und der Ritus der Initiation (was später mit "Ritus des Aufsteigens" übersetzt wurde) für Worf wurden in "Star Trek" noch öfter aufgegriffen, zu diesem Zeitpunkt war das ganze aber nur ein witzloser Klingonenritus nach dem Motto "da seht mal, was für komische Bräuche die haben". Da Worf auf der Erde aufwuchs, muss man auch fragen, wo er einen solchen Ritus schon einmal gefeiert haben soll, dass er ihn nun so sehr vermisst.
Bemerkenswertes:
Rikers Mutter starb, als er zwei Jahre alt war. Er verließ sein Zuhause, als er fünfzehn war. Fünfzehn Jahre später trifft Riker seinen Vater. Das zeigt, dass Riker in der zweiten Staffel 30 Jahre alt ist.
Rikers Vater wurde auf einer Kolonie von Tholianern angegriffen. Alle außer ihm starben. Die Tholianer stammen aus der Classic-Serie ("The Tholian Web"; dt.: Das Spinnennetz).
Parallel zu dieser Folge wurde der fünfte "Star Trek"-Film gedreht. Da die Klingonenkostüme knapp waren, mussten zwei der klingonischen Statisten Stiefel aus den "Planet der Affen"-Filmen tragen. (Quelle: Nemecek: The TNG Companion)
Regisseur Robert Iscove war so unzufrieden über den halbherzigen Konflikt zwischen Riker und seinem Vater, dass er weitere Regieangebote zur Serie ablehnte. (Quelle: Gross & Altman: Captain's Logbuch)
Jonathan Frakes war von dem Drehbuch begeistert, weil er im Mittelpunkt stand. Patrick Stewart sah sich das Drehbuch an und meinte: "This is absolute bullshit." (Starlog 1993, S. 56)
Dr. Pulaski war schon mehrfach verheiratet und hat zu all ihren Exmännern eine gute Beziehung.
Bei der U.S.S. Aries ist ein Kommunikationsoffizier an Bord, der über ein außergewöhnliches Sprachtalent verfügt. Diese Idee wurde für die Serie "Enterprise" aufgegriffen, wo es eine Kommunikationsoffizierin namens Hoshi Sato gibt.
Einer der Klingonen ist den Amerikanern bekannt als Präsentator der Fernsehsendung "Entertainment Tonight": John Tesh.
Rikers Vater kam nie wieder vor, und er wird wohl auch beim Kinofilm "Star Trek - Nemesis" nicht bei der Hochzeit zwischen Riker und Deanna dabei sein.
Nitpicking:
Begeistert berichtet Picard von einem Besatzungsmitglied auf der U.S.S. Aries, der über ein enormes Sprachentalent verfügt. Ist das angesichts des Universalübersetzers nicht völlig überflüssig?
Warum sollte Captain Picard vor William Riker verheimlichen, dass der Stratege sein Vater ist? Auch wenn er weiß, dass die beiden sich nicht gut verstehen, wäre es eine ziemliche Bevormundung, Riker die Ankunft zu verschweigen.
Wie kommt es, dass Worf, der unter Menschen aufwuchs, an dem Initiationsritus so sehr hängt? Haben ihn seine Eltern vor zehn Jahren mit Schmerzstöcken beglückt?
Zitate:
"If I were not a consummate professional, and an android, I would find this entire procedure insulting." (Data)
Einschaltquoten (von Martin Seebacher):
Die Folge um Rikers Vater konnte nur ein schwaches 9.1 Rating bei einem durchschnittlichen 5. Platz in den Syndication Charts für sich verbuchen.
In Deutschland war die Folge mit 770 000 Zuschauern bei ZDF-Erstausstrahlung ebenfalls kein Quotenrenner.
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