Star Trek - The Next Generation: 78
"Suddenly Human" (Endars Sohn)

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Staffel4
77: "Brothers"
79: "Remember Me"
US-Erstsendung:
13.10.1990

ZDF-Erstsendung:
18.8.1993

Regie:
Gabrielle Beaumont

Drehbuch:
John Whelpley and
Jeri Taylor

Story:
Ralph Phillips

Gaststars:
Sherman Howard
als Captain Endar

Chad Allen
als Jono

Barbara Townsend
als Admiral Connaught Rossa

Inhalt:

SzenenbildDie Enterprise reagiert auf den Notruf eines beschädigten talarianischen Raumschiffs. An Bord sind vier talarianische und ein menschlicher Teenager. Als Dr. Crusher den menschlichen Jungen untersucht, findet sie die Zeichen älterer Verletzungen. Sie vermutet, dass der Junge von den Talarianern misshandelt wurde.

Der Junge heißt Jono. Er weigert sich, mit jemanden aus der Crew zu sprechen. Er gehorcht nur Picard, weil es Sitte bei den Talarianern ist, dem höchsten Anführer zu folgen. Jono möchte zu seinem Vater Endar zurück, der Talarianer, der ihn erzogen hat. Doch Picard befürchtet, dass dies nicht im besten Interesse des Jungen sein könnte.

Es stellt sich heraus, dass Jono in Wahrheit Jeremiah Rossa ist, der einst mit seinen Eltern in einer Kolonie lebte, die von den Talarianern vor zehn Jahren vollständig vernichtet wurde. Bei diesem Angriff war er von dem Talarianer Endar gefunden und adoptiert worden.

Deanna bittet Picard, sich um Jono zu kümmern, weil Jono sonst niemanden an sich heranlässt. Als Captain Endar mit seinem Schiff die Enterprise erreicht, fordert er Jonos Übergabe. Er hält die Anschuldigungen, Jono misshandelt zu haben, für absurd. Die Verletzungen waren Unfälle, die Jono bei seinen Versuchen, den Vater zu beeindrucken, widerfuhren.

Picard findet heraus, dass Endar seinen Sohn gehen lassen würde, wenn Jono sich dazu entschließt. Er zeigt Jono Bilder von seinen menschlichen Eltern, und langsam erinnert sich Jono an seine menschliche Vergangenheit. Er zeigt erste menschliche Verhaltensweisen. Doch in der Nacht sticht Jono mit einem klingonischen Dolch auf Picard ein. Picard kann gerettet werden. Zu seinem Entsetzen erfährt er, dass Jono dies aus Schuldgefühlen gegenüber seinem Vater getan hatte. Er erkennt, wie falsch es war, Jono von der einzigen Heimat trennen zu wollen, die der Junge kennt.

Kommentar:

"Suddenly Human" ist eine erstaunlich mutige Episode über größtmögliche Toleranz gegenüber anderen Kulturen, mögen diese uns auf den ersten Blick noch so barbarisch und verroht erscheinen. Zunächst scheinen alle Antworten einfach, und die Story wagt sich weit vor, um die Talarianer so fragwürdig wie nur möglich darzustellen. Die Talarianer sind kriegerisch, frauenfeindlich und aus unserer Sicht herzlos zu ihren Kindern. Besonders gut kommt das in einer Szene zum Ausdruck, als Endar stolz davon erzählt, wie Jono mit einem gebrochenen Arm einen Wettkampf gewann, und dass er eines Tages ein großes Krieger sein werde, woraufhin Picard nur bedrückt erwidert, dass Jono doch mehr verdient habe.

Dann nimmt die Folge eine überraschende Wendung. Sie lässt uns lange in dem sicheren Glauben, dass sich die Crew der Enterprise richtig verhält, wenn sie Jono seine Zugehörigkeit zu den Talarianern sozusagen "ausredet". Das überraschende an der Wendung ist jedoch, dass man sich selbst fragt, wo man seinen Verstand gehabt hat, denn im Grunde gab es nie einen Zweifel daran, dass Jono zu seiner Kultur und seinem Vater zurückkehren muss, auch wenn wir glauben, dass er es woanders besser hat. Wie viele Kinder müsste man da wohl von ihren Eltern trennen und zu "besseren" Pflegeeltern schicken? Es ist einfach, kulturelle Toleranz zu predigen, wenn es nicht wirklich weh tun. Hier aber geht die Toleranz bis zu einem Extrem, wo die richtigen Antworten schwer fallen.

"Suddenly Human" zeigt besonders eindrucksvoll, wie ein guter Darsteller schwache Dialoge aufwerten kann. Die Rede ist natürlich – wieder einmal – von Patrick Stewart. Die Folge lebt zu einem Großteil von Stewart, der zum Teil erschreckend plumpe Dialoge auf eine Weise aufwertet, wie man es nicht für möglich halten würde. Allein die Rede, die Stewart am Ende hält – wer sonst hätte sie so charmant und erträglich vermitteln können? Besonders amüsant ist sein Mienenspiel, als er versucht, sich vor der Vaterrolle für Jono zu drücken. Auch hilft er einer wirklich plump durchformulierten Szene auf die Sprünge, bei der Troi ihn nach seiner Kindheit befragt, ein entsetzliches lahmes (und falsches) Psychologenklischee.

Hintergrund:

Nach dieser Episode beschwerten sich viele Zuschauer, die glaubten, die Folge würde Kindesmisshandlung verharmlosen. (Quelle: Gross&Altman: Captain's Logbuch)

Die Episode war von Jeri Taylor geschrieben worden. Taylor begeisterte Piller und Berman so sehr, dass man ihr eine feste Position im Autorenteam anbot. Zuvor hatte sie für Serien wie "Jake und McCabe", "Der unglaubliche Hulk", "Magnum", "Quincy" und "Unsere kleine Farm" Drehbücher verfasst, zum Teil wurde sie dort auch als Producer geführt. Was seltsamerweise nirgends erwähnt wird: Bei den Serien "Jake und McCabe" und "Quincy" hat sie laut der "Internet Movie Database" auch Regie geführt. Mit "Star Trek" machte sie eine außerordentliche Karriere, die sie als "Ausführende Produzentin" bei "Star Trek: Voyager" beendete.

Michael Piller war von der Umsetzung der Folge enttäuscht, weil die Talarianer am Ende so menschlich wirkten. (Quelle: Gross&Altman: Captain's Logbuch)

"Suddenly Human" wurde als zweite Episode der vierten Staffel produziert. Sie erschien daher zusammen mit "Best of Both Worlds Part 2" (dt.: Angriffsziel Erde) auf Laserdisc. Es folgen auch manche Episodenführer der Produktionsreihenfolge, obwohl logischerweise die Folge "Family" (dt.: Familienbegegnung) die zweite Folge der vierten Staffel sein muss.

Chad Allen – obwohl erst 16 Jahre alt – hatte damals schon eine beachtliche Filmografie hinter sich. Er hatte bereits in zwei Serien eine Hauptrolle gespielt; in "Chefarzt Dr. Westphall" (1983-83) war er der autistische Tommy Westphall, und in der kurzlebigen Serie "Unser Haus" (Org.: Our House) war er David Witherspoon. Später wollte er sich Geld für seine College-Ausbildung verdienen und unterschrieb 1993 für die Rolle von Matthew Cooper in der Westernserie "Praxis Dr. Quinn", denn er war fest davon überzeugt, dass die Serie über den Pilotfilm nicht hinauskommen würde. Sie lief dann (mit ihm als einer der Hauptdarsteller) sechs Jahre.

Details:

Die Talarianer waren schon einmal in "Heart of Glory" (dt.: Worfs Brüder) erwähnt worden.

Picard spielt Racketball (ähnlich dem Squash), es wird aber nur in dieser Folge gezeigt.

Es wird das "Stockholm Syndrom" erwähnt, das beschreibt, wie Opfer von Gewalt Zuneigung zu ihren Misshandlern entwickeln.

Nitpicking:

Der Dolch prallte laut Dr. Crusher an Picards Brustbein ab. Als man aber sieht, wie Jono zusticht, dringt der Dolch tief in Picards Körper ein. Schade auch, dass Picards künstliches Herz in der Szene nicht angesprochen wird.

Jono erwähnt mehrmals seine Brüder, denen er überlegen sei, während Endar von Jono als seinem einzigen Sohn spricht. (Vielleicht verwendet Jono das Wort "Brüder" in einem anderen Sinn?)

Zu Beginn wird noch vermutet, dass die Talarianer den menschlichen Jono aus Rache misshandelt haben. Mit keinem Wort werden dabei die anderen Teenager erwähnt. Hat man sie nicht nach ähnlichen Verletzungen untersucht? Das hätte einige Fragen geklärt.

Zitat:

Zitate: "I'm not cringin. I'm just acknowledging my limitations." (Picard)

Einschaltquoten (von Martin Seebacher):

In den USA erreichte "Suddenly Human" ein Rating von 10.3 Punkten und einen dritten Platz.

In Deutschland waren 1,09 Mio. Zuschauer bei der ZDF Erstausstrahlung dabei, die Sat.1 Premiere (22.02.94) wurde von 1,69 Mio. Zuschauern bei einem Marktanteil von 15,4% verfolgt.

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Letztes Update:
17. November 2002

©2002 Thomas Höhl.