Inhalt:
Auf der Enterprise ereignet sich eine Explosion im Maschinenraum. Es könnte sich um Sabotage handeln, und ein klingonischer Biologe, zu Gast auf dem Raumschiff, gerät in Verdacht. Eine Admiralin der Föderation, Nora Satie, wird als Ermittlerin beigezogen. Neue Beweise zeigen rasch, dass der Klingone tatsächlich ein Verräter ist und Informationen an die Romulaner weiterleitete. Er ist nun geständig, streitet aber dennoch ab, die Explosion im Maschinenraum herbeigeführt zu haben. Ein Betazoide in Saties Delegation bestätigt, dass der Klingone die Wahrheit sagt. Satie vermutet daraufhin einen Komplizen eine Verschwörung.
Weitere Ermittlungen bringen Simon Tarses in Verdacht, einen medizinischen Techniker. Der Betazoide erkennt, dass Tarses ein großes Geheimnis verschweigt. Seine Schuld wird daraufhin vorausgesetzt, und um so mehr beginnt nun eine Hexenjagd nach weiteren Mitverschwörern.
Picard, beunruhigt von Entwicklungen auf seinem Schiff, unterhält sich mit Tarses und stellt dabei fest, was sein wirkliches Geheimnis ist: Er log über seine Abstammung und gab einen Großvater als Vulkanier an, obwohl er in Wahrheit Romulaner war. Das Motiv war die Furcht vor Vorurteilen und Einschränkungen seiner Karriere. Satie bleibt misstrauisch. Selbst nachdem sich die Explosion als Zufall herausstellt, setzt sie die Ermittlungen fort. Schließlich gerät sogar Picard in Verdacht. Satie zweifelt an seiner Loyalität gegenüber der Föderation und der obersten Direktive, wobei sie allerlei Ereignisse der Vergangenheit neu interpretiert. Picard verteidigt sich selbst mit Worten von Saties Vater, einem berühmten Juristen der Föderation. Daraufhin werden Saties Vorwürfe zu einer unsinnigen Tirade, so dass sie als Irrsinnige erkannt wird. Damit enden die Ermittlungen.
Kommentar:
"The Drumhead" gilt als eine der besten Episoden der Season und enttäuscht mich nun, da ich sie erstmals seit Jahren wieder sehe. Damit wiederholt sich das Muster von "The Measure of a Man" (dt.: Wem gehört Data?), einer anderen Episode, die ihrem Ruf nicht gerecht werden konnte. Ich habe mich deshalb als erstes gefragt, ob vielleicht die hohe Erwartung für die Enttäuschung verantwortlich ist. Ob ich vielleicht Opfer dessen wurde, was wir Autoren dieses Guides untereinander oft als die "Erwartungsfalle" bezeichnen im positiven (besser als erwartet) wie auch im negativen Sinn (schlechter, wie hier). Inzwischen halte ich dies für unwahrscheinlich. Während meiner häufigen Streifzüge durch die DVDs der Serie (ein Schelm, der Suchtverhalten dabei denkt) bin ich zwar tatsächlich besonders begeistert von vielen der weniger gelobten Episoden, die in den kleinsten Winkeln noch mit ungeahnter Qualität aufwarten; dennoch stechen viele der Episoden von gutem Ruf auch tatsächlich besonders hervor, und meine Erwartungen tun dem keinen Abbruch.
Ich behaupte deshalb, dass einige der Episoden, die im Fandom als besonders gut gelten, entweder gutmütig verkannt und dann kritiklos immer wieder gelobt wurden oder dass sich in einigen Fällen unsere Perspektive im Verlauf des letzten Jahrzehnts so grundlegend verändert hat, dass die Beurteilung einer Episode ins Gegenteils kippen kann. Ersteres scheint mir bei "Measure" der Fall zu sein, und beides hat einen Einfluss auf meine neue Beurteilung von "The Drumhead".
Ich denke, dass die guten Absicht von "The Drumhead" mit einer guten Geschichte verwechselt wurden. Die Episode wirkt auf mich recht schwerfällig, und im Besonderen leidet sie erzählerisch darunter, dass die federführende Admiralin letztlich als eine irrsinnige Frau dargestellt wird, die ihre Nachforschungen in paranoidem Wahn durchführte damit verliert die Geschichte an Kraft, weil sie direkt andeutet, so eine Verfolgung könne nur aufgrund einer Aberration, aber nie unter "normalen" Menschen oder "normalen" Umständen stattfinden. Die Episode unterminiert damit ihre eigene Wirkung, da sie gerade deshalb so unheimlich war, weil sich in der fortschrittlichen Föderation eine solche Tragödie abspielen konnte. (Es hilft auch keineswegs, dass die irren Admirale bereits zu einem Klischee von "Star Trek" gehören.) "The Drumhead" hat das Herz am rechten Fleck mit einer Warnung vor dem "ersten Glied", der ersten Beschneidung einer Freiheit oder Missachtung eines Rechts, das bereits die "Kette der Tyrannei" bilde. Aber diese Zitate verraten auch bereits die übersüße Sentimentalität der Episode, die Picard am Ende sogar das offensichtliche Zitat über ewige Wachsamkeit in den Mund legt.
Meine Vermutungen über die veränderte Sensibilität, die ich zum Fernsehen bringe, wird unweigerlich subjektiv sein. Meine Wahrnehmung hat sich während der letzten Jahre vermutlich in zweierlei Weise verändert: Erstens ist die Moralgeschichte in "The Drumhead" eher einfach, eine Anspielung auf die Inquisition oder, vielleicht treffender, die Kommunistenverfolgungen während der McCarthy-Ära man nehme Romulaner statt Russen. Die Episode ist weit entfernt von der emotionalen und inhaltlichen Vielschichtigkeit, die "The Next Generation" für sich in Anspruch nahm, und die in Serien wie "Buffy The Vampire Slayer" und sogar, um ein Beispiel aus dem unteren Ende des Spektrums zu wählen, in den frühen Episoden von "E.R." zur Norm wurde. Wir würden moderne Serien wie "The Sopranos" oder "Six Feet Under" auslachen, wenn sie mit ähnlich einfältigen Moralgeschichten aufwarteten.
Und zweitens wichtiger haben wir im Verlauf der letzten paar Jahre im Star Trek Universum, speziell in "Deep Space Nine", ein solches Maß an Irrsinn, Korruption und anderen bunten Ausschweifungen gesehen, dass eine kleine und im Keim erstickte Inquisition kaum mehr die Gemüter erschrecken mag. Dieser zweite Punkt ist mir besonders nahe. In der "Next Generation" war "The Drumhead" ein kleiner Skandal, die Geschichte über ein massives Scheitern der utopischen Gesellschaft. Wenn man "The Next Generation" isoliert betrachtet, so ist diese Utopie des Star Trek Universums noch immer heilig, und es ist ein großer Teil der Attraktion des Serienuniversums. Aber vor dem Hintergrund von "Deep Space Nine" und den oft gelungenen moralisch zweideutigen Geschichten von "Voyager" (beispielsweise "Equinox") vermag "The Drumhead" nicht mehr jenes vierzales Schaudern auszulösen wie noch vor zehn Jahren.
Die Episode hat ihre Wirkung nicht ganz und gar verloren. "The Next Generation" ist eine Serie über Gemeinschaft. Es ist also besonders tragisch, dass sich diese üblicherweise wohlmeidende und fördernde Gemeinschaft in "The Drumhead" gegen eines ihrer Mitglieder kehrt. Dies, so denke ich, trägt zur Wirkung der Episode bei auch heute noch. Hingegen passt es kaum ins Bild, dass Tarses je das Gefühl hatte, er müsse über seine Abstammung lügen: Wenn die Föderation so fortgeschritten ist, wie es meistens den Eindruck macht, dann hätte es nie einen Anlass dafür gegeben.
Zusammengefasst und kommentiert: "The Drumhead" ist eine gut gemeinte Episode, die aufgrund der moderneren "Star Trek" Serien an Wirkung eingebüßt hat und sich, auch für die Maßstäbe von 1990, auf eine saccharöse Sentimentalität einlässt, die eher schwer zu ertragen ist. Mit ihrem Predigtcharakter und ihrer Selbstgerechtigkeit gibt sie den übelsten Vorurteilen gegen "The Next Generation" Berechtigung.
Bemerkenswertes:
Der Ausdruck "drumhead court-martial" bezieht sich auf Kriegsgerichte, die summarische Urteile auf dem Schlachtfeld fällten. Der etymologische Zusammenhang ergibt sich daraus, dass offenbar irgendwo und irgendwann bei solchen Anlässen Trommeldeckel ("drumheads") als Tische verwendet wurden.
"The Drumhead" bezieht sich ausgiebig auf frühere Episoden ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Serie mit der vierten Season begann, das eigene Universum energisch auszubauen (vgl. "Family", dt.: "Familienbegegnungen"). Bezüge auf frühere Episoden umfassen "Coming of Age" (hinsichtlich der Ermittlungen gegen Picard), "Conspiracy" (Verschwörung gegen die Föderation), "Who Watches the Watchers" (Einhaltung der obersten Direktive), "The Best of Both Worlds" (Picards Loyalität) und "Data's Day" (romulanische Spione). Natürlich geht es noch viel weiter, da selbst der klingonische Austauschoffizier Erinnerungen an das Austauschprogramm in "A Matter of Honor" (deutsch, treffend plump wie so oft: "Der Austauschoffizier") und "Sins of the Father" (dt.: "Die Sünden des Vaters").
Einschaltquoten (von Martin Seebacher):
In den amerikanischen Syndication Charts war die Folge mit einem dritten Platz bei einem Rating von 10.5 Punkten vertreten.
In Deutschland waren bei der Erstausstrahlung 1,56 Mio. Zuschauer bei einem eher unterdurchschnittlichen Marktanteil von 15,9% dabei.
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