Star Trek: 28
"The City of the Edge of Forever" (Griff in die Geschichte)

Hauptseite
Staffel1
27: "Errand of Mercy"
29: "Operation..."

US-Erstausstrahlung:
6.4.1967

SAT1-Erstsendung:
18.1.1988

Produzent:
Gene Roddenberry
Walter M. Jeffries

Regie:
Gerd Oswald

Drehbuch:
Harlan Ellison

Musik:
Alexander Courage

Gaststars:

Joan Collins
als Edith Keeler

John Harmon
als Obdachloser

Hal Boyler
als Polizist

David L. Ross
als Galloway

Die Handlung

SzenenbildDie Enterprise umkreist einen unbekannten Planeten einer alten Sonne. Von dem Planeten gehen Zeitverwerfungen aus, die das Schiff immer wieder durcheinanderschütteln. Dabei explodiert eine Konsole, und Sulu wird verletzt. Dr. McCoy injiziert ihm etwas Cordrazine, ein Stimulans, das Sulus Leben rettet, doch überdosiert fatale Auswirkungen hat. Bei einer weiteren Zeitverwerfung injiziert sich McCoy ungewollt eine Überdosis. In seinem folgenden Wahnanfall glaubt er, daß alle ihn umbringen wollen. Er rennt von der Brücke zum Transporterraum und beamt sich auf den Planeten. Der Transporter war auf das Zentrum der Zeitverwerfungen eingestellt. Kirk folgt ihm mit einem Landekommando, bestehend aus Spock, Uhura, Scotty, Lt. Galloway und einer weiteren Wache. Sie materialisieren in den Ruinen einer Stadt und finden einen Ring aus Stein, der zum Leben erwacht und mit ihnen spricht.

Dieser Ring ist der Guardian of Forever, der Wächter der Ewigkeit. Im Inneren des Rings läuft wie in einem Film die ganze Geschichte der Erde ab. In diesem Moment rennt McCoy, der sich vor dem Landeteam versteckt hatte, durch den Guardian und verschwindet. Er befindet sich jetzt in der Vergangenheit. Und in diesem Moment hört die Enterprise auf zu existieren, so als hätte es sie nie gegeben. Dr. McCoy hat irgendwie den Lauf der Geschichte verändert, und das ist nun das Resultat.

Um die Geschichte zu korrigieren, beschließen Kirk und Spock, McCoy in die Vergangenheit zu folgen. Sie landen in einer amerikanischen Stadt in den wirtschaftlichen Depressionen der 30er Jahre, etwa eine Woche, bevor McCoy ankommt. Die beiden fallen mit ihrem Outfit natürlich auf, und daher stiehlt Kirk von einer Wäscheleine einige Kleidungsstücke. Dabei wird er prompt von einem Polizisten erwischt. Spock erledigt ihn mit seinem Nackengriff, und die beiden flüchten in einen Keller, wo sie sich umziehen. Von oben kommt eine Frau, Edith Keeler, herunter. Sie leitet die 21. Straßenmisson und vermittelt den beiden Arbeit und ein Zimmer.

Am Abend essen sie mit den Obdachlosen im Speisesaal und hören dabei eine Rede Edith Keelers, die davon handelt, daß eines Tages der Mensch neue Kräfte erschließen und auch in den Weltraum vordringen wird. Tagsüber nehmen Kirk und Spock jetzt jede Arbeit an, um Geld zu verdienen, damit Spock sich Bauteile kaufen kann, die er zum Bau eines primitiven Computers benötigt. Mit seinem Tricorder hat Spock die Geschichte, die im Steinring des Guardians gezeigt worden ist, aufgezeichnet und will nun mit Hilfe des Computers herausfinden, wo McCoy in den Verlauf der Geschichte eingegriffen hat. Sie entdecken einen Mann, der Uhren repariert. Sein Werkzeug ist genau das, was Spock braucht, und am Abend knackt er das Zahlenschloß der Truhe, in dem es sich befindet. Sie werden dabei von Edith ertappt, die anschließend bemerkt, daß die beiden irgendwie nicht hierher gehören. Kirk nimmt Edith dann mit auf einen Spaziergang, und ihre Gespräch dreht sich wieder um die Zukunft.

Inzwischen hat Spock erste Ergebnisse. Einmal findet er auf seinem Bildschirm eine Zeitungsseite, auf der Edith Keelers Nachruf steht, da sie bei einem Unfall ums Leben kam. Später findet er eine andere Zeitungsseite von 6 Jahren in der Zukunft, in der Edith mit dem Präsidenten der USA über die Einmischung Amerikas in den 2. Weltkrieg diskutiert. Nur eine der beiden Zeitlinien kann stimmen, ja nachdem, was McCoy unternimmt. Entweder er ist für Ediths Tod verantwortlich, oder er rettet ihr das Leben.

In den nächsten Tagen arbeitet Spock weiter und stellt fest, daß McCoy Ediths Leben gerettet hat bzw. retten wird. In den nächsten Jahren wird Edith sehr populär und startet eine Friedensbewegung, die die Einmischung der USA in den 2. Weltkrieg verhindert. Das gibt Hitler die Zeit, die Atombombe fertig zu entwickeln, und er gewinnt dadurch den Krieg.

Als Auswirkung dessen wird es die Föderation und die Enterprise niemals geben. Damit der Fluß der Zeit wieder stimmt und Millionen von Leben nicht umkommen, muß Edith Keeler sterben. Doch Kirk gesteht Spock, daß er sich in Edith verliebt hat.

Inzwischen kommt McCoy in der Vergangenheit an. Er ist noch in seinem Wahn, hält dies alles für eine perfekte Illusion und wird ohnmächtig. Am Morgen stolpert McCoy in die Mission und wird von Edith versorgt. Im Laufe des Tages wird McCoys Geist wieder klar. Spock erinnert Kirk noch daran, daß Edith sterben muß. Am Abend geht Kirk mit Edith über eine Straße, und Edith bittet ihn, sich zu beeilen, damit sie den Clark Gable-Film nicht verpassen. Kirk kennt Clark Gable nicht, was Edith amüsiert, denn Dr. McCoy erging es genauso. Kirk horcht auf - McCoy? Er rennt zur Mission zurück, wo Spock und kurz danach auch McCoy zur Tür herauskommen. Edith folgt Kirk und sieht den Lastwagen nicht, der auf sie zukommt. McCoy rennt los, um Edith zu retten, doch Kirk hält ihn fest. Das Schicksal nimmt seinen Lauf, und Edith wird von dem Lastwagen getötet.

Die drei Männer kehren in die Zukunft zurück, wo die anderen vom Landetrupp auf sie warten. Kirk und Spock waren nur einen Moment lang fort. Die Enterprise existiert wieder, und der Landetrupp wird zurückgebeamt.

Besprechung

Die Geschmäcker der ST-Fans sind verschieden, doch in allen Umfragen über die Lieblingsfolgen wurde "The City on the Edge of Forever" eindeutig Sieger. Keine andere Folge wird so sehr geliebt. Dafür gibt es so viele Gründe, wie es Fans gibt. Hier nur einige der Gründe:

Die Folge ist eine klassische Tragödie. Kirk, der Held, gerät unverschuldet in einen Konflikt, aus dem es kein Entkommen gibt. Die Folge ist nicht unbedingt Science Fiction, sondern die Betonungen liegt auf dem Menschlichen.

Kirk Liebesbeziehung ist nicht so, wie seine anderen Husch-Husch-Affären, die auch genauso schnell wieder vorbei sind. Kirk ist nicht nur in Edith verliebt - er liebt sie. Die Beziehung entwickelt sich im Laufe einer Woche (das ist ungewöhnlich für Star Trek, da es sonst meist Liebe auf den ersten Blick ist), und das Sexuelle tritt dabei nicht in den Vordergrund. Tatsächlich gibt es gerade eine einzige Szene, in der sie sich küssen.

"The City on the Edge of Forever" ist in der Tat eine außergewöhnliche Episode. Es ist kaum vorstellbar, daß sich soviel Stoff in 48 Minuten verpacken läßt. Zum einen sehen wir wieder einmal die Erde des 20. Jahrhunderts, was sich in Star Trek immer gut macht, dann die Verwicklungen mit dem gestörten Lauf der Geschichte und schließlich noch Kirk und Edith.

Auch der Guardian of Forever wurde im Fandom sehr populär. Es gibt viele Geschichten über ihn. Viel weiß man nicht über den Guardian. Er ist sowohl eine Maschine als auch ein Lebewesen - und doch keines von beidem. Er ist auch mehr als eine Zeitmaschine, was sowohl der Name andeutet als auch die Zeitverwerfungen, die von ihm ausgehen. Ann C. Crispin benutzt den Guardian wieder für ihre beiden Romane "Yesterday's Son" und "Time for Yesterday". Im letzteren erscheinen auch die Schöpfer des Guardians. Desweiteren erscheint der Guardian auch in der Zeichentrickepisode "Yesteryear", in der Spock damit eine Zeitreise in seine eigene Kindheit auf Vulkan unternimmt.

Natürlich birgt die Vergangenheit wieder einmal Probleme für Spock, besonders für seine Ohren. Aus diesem Grund stiehlt Kirk die Kleider, darunter eine Strickmütze für Spock. Seltsamerweise kommen Polizisten in Star Trek nicht gut weg: Entweder werden sie auf die Enterprise gebeamt oder von Spock lahmgelegt. In "The City on the Edge of Forever" redet Kirk dem Polizisten davor noch ein, daß Spock ein Chinese sei und als Kind mit seinem Kopf in einen automatischen Reispflücker geraten wäre. Vor Edith kann Spock seine Ohren verbergen. Dennoch bemerkt sie den besonderen Flair, der die beiden umgibt. Sie stellt fest, daß Spock schon immer an Kirks Seite gehört, als wäre er schon immer dort gewesen. Und Kirk gehört in eine andere Welt, in die Zukunft. Edith hat anscheinend eine Art Voraussicht in die Zukunft. Da ist es eigentlich kein Wunder, daß die beiden zusammenfinden. Wegen ihrer positiven Einstellung zur Zukunft wird Edith von vielen belächelt, doch Spock stellt fest: "Sie hatte recht, nur zur falschen Zeit."

Diese Episode zeigt auch viel von der Beziehung zwischen Kirk und Spock. Spock hat Verständnis für Kirks Lage, aber logisch, wie er ist, stellt er fest, daß Edith sterben muß. Er berät Kirk, und der Captain kann sich Spock anvertrauen, doch die Entscheidung läßt er Kirk treffen. Und das ist eigentlich der Idealtyp eines Freundes. Es ist auch bezeichnend, daß Edith genau in dem Moment stirbt, in dem McCoy auftaucht und das Triumvirat somit wieder vereint ist.

Mit der Zeitreise hat die Folge ein brisantes Thema aufgegriffen, einiges bleibt und ist auch unklar. Wenn die Enterprise verschwindet, müßte eigentlich auch der Landetrupp verschwinden, und auch McCoy, da es sie dann ja nie gegeben hätte. Es gibt aber Theorien, daß der Landetrupp so nahe am Guardian steht, daß er in einer Art Schutzfeld ist und daher nicht beeinflußt wird.

Wäre McCoy nicht in die Vergangenheit geraten, wären Kirk und Spock ihm nicht gefolgt. Dann hätten sie auch nie Edith kennengelernt, und Edith wäre mit Kirk nicht über die Straße zum Kino gegangen. Dann wäre sie auch nie Kirk wieder über die Straße gefolgt und vom Lastwagen überfahren bzw. von McCoy gerettet worden. McCoy konnte also nur ihr Leben retten, weil Kirk und Spock da waren, doch die beiden sind nur gekommen, um McCoy zu finden. Ein klassisches Zeitparadoxon nach dem Motto: Was geschieht, wenn ich meine Großmutter umbringe, bevor meine Mutter geboren wird? Damit die Enterprise verschwinden kann, muß (vielleicht ein anderer?) Kirk schon einmal in der Vergangenheit gewesen sein, der Kirk nicht daran gehindert hat, Edith zu retten. Es besteht natürlich die Möglichkeit, daß McCoy Edith unabhängig davon bei einem anderen Unfall gerettet hat und dieser Unfall gar nicht der entscheidende war, sondern ein zufälliger, aber dies ist eher unwahrscheinlich.

"The City on the Edge of Forever" hat 1986 den internationalen Hugo Science Fiction-Award gewonnen. Dennoch war Harlan Ellison stocksauer, als er sah, was aus seinem ursprünglichen Drehbuch geworden ist, da diese Folge drastisch umgeschrieben wurde. Eigentlich war es ein Crewmitglied namens Beckwith, der an Bord der Enterprise mit Drogen handelte und in die Vergangenheit flüchtete. Es war auch nicht Kirk, sondern Spock, der Beckwith daran hinderte, Edith zu retten. Nach Ellison hat auch die Liebesbeziehung viel von ihrem ursprünglichen Reiz verloren. Es war auch seine Originalstory, die den Hugo Award erhielt und nicht die gedreht Episode. Harlan Ellison schrieb 1995 ein Buch mit dem Titel "The City on the Edge of Forever" über die Entstehung dieser Folge und die Probleme, die es damit gab. Seine Originalgeschichte ist in dem Buch "Six Science Fiction Plays", herausgegeben von Roger Elwood, bei Pocket Books erscheinen.

James Blish hat die Originalstory in seiner Adaption (Band 2) berücksichtigt und hat nach seinen eigenen Worten für die Adaption das beste beider Fassungen berücksichtigt.

Als am Ende der Landetrupp incl. McCoy auf die Enterprise zurückkehrt, sieht man sieben Leute entmaterialisieren, obwohl eigentlich nur maximal sechs Leute auf einmal gebeamt werden können (siehe "The Apple").

Joan Collins gehört inzwischen zu den Hollywood-Größen und ist als Denver-Hexe Alexis wohlbekannt. John Harmon ist wieder in "A Piece of the Action" als Tepo, einer der Bosse auf Iota, zu sehen. Lt. Galloway erscheint noch einmal in "The Omega Glory", wo er dann getötet wird.

Der Guardian-Planet ist in dieser Folge namenlos, doch später wird er "Time Planet" oder auch "Gateway" genannt. Das Planetenmodell wird in keiner anderen Folge wiederverwendet. Es ist eine gelb-graue Kugel mit hellen Stellen, die wie Gebirge erscheinen.

Der Titel der Episode ist sehr doppeldeutig: Zum einen ist die Stadt am Rande der Ewigkeit die Ruinenstadt um den Guardian herum, der das Tor zur Ewigkeit darstellt, zum anderen ist es die Stadt, in der Edith Keeler lebt, da sich hier der weitere Ablauf der Zeit entscheidet.

Die Musik von Alexander Courage enthält bei den Szenen auf dem Planeten die üblichen ST-Melodien, doch die Szenen in der Vergangenheit enthalten eine andere Musik, die dem Stil dieser Epoche angepaßt ist und in keiner anderen Episode verwendet wird. Das Lied "Good Night, Sweetheart", das in einer Szene aus dem Lautsprecher in einem Radiogeschäft tönt, wurde aus urheberrechtlichen Gründen in der Videofassung durch ein anderes ersetzt.

Bantam Books eröffnete mit "The City on the Edge of Forever" die Reihe seiner Fotoromane, die deutsche Fassung von Bastei-Lübbe trägt den Titel "Die Stadt am Rande der Ewigkeit". Auch die TV-Zeitschrift Gong brachte einen Fotoroman heraus ("Gefangen in der Vergangenheit"), bei dem aber aus urheberrechtlichen Gründen der Kopf von Edith Keeler durch den einer anderen Schauspielerin ersetzt und Edith Keeler in Eva Light umbenannt wurde.

Diese Folge ist enthalten in dieser DVD-Box
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27: "Errand of Mercy"
29: "Operation..."
Letztes Update:
22. Juni 1998

©1998 Martin Stahl.