Voyager: 1
"The Caretaker" (Der Fürsorger)

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Staffel1
3: "Parallax"

szenenbild
US-Erstsendung:
16.1.1995

SAT1-Erstsendung:
26.6.1996

Regie:
Winrich Kolbe


Drehbuch:
Michael Piller

Jeri Taylor

Story:
Rick Berman

Michael Piller
Jeri Taylor

Musik:
Jay Chattaway

Kamera:
Marvin Rush A.S.C.

Darsteller:

Kate Mulgrew
als Kathryn Janeway

Robert Beltram
als Chakotay

Roxann Biggs-Dawson
als B'Elanna Torres

Jennifer Lien
als Kes

Robert Duncan McNeill
als Tom Paris

Ethan Phillips
als Neelix

Robert Picardo
als Doc

Tim Russ
als Tuvok

Garrett Wang
als Kim

Gaststars:

Armin Shimmerman
als Quark

Richard Poe
als Gul Evek

Basik Langton
als Caretaker

Gavan O'Herlihy
als Jabin

Inhalt:

CoverDie Voyager ist auf der Suche nach einem in den Badlands verschollenen Maquis-Schiff. Dort angekommen wird das Schiff von einer herannahenden Nebelwand erfaßt und ans andere Ende der Galaxis, in den Delta-Quadranten, gesogen, wo man auf eine Station trifft, die ständig Energieimpulse von sich gibt. Die Crew wird auf die Station gebeamt und verschiedenen Tests unterzogen. Als alle wieder auf der Voyager zu sich kommen, ist ein Besatzungsmitglied, Ensign Kim, verschwunden. Man nimmt Kontakt mit dem Maquis-Schiff auf, welches sich vor der Station befindet. Auch unter den Maquis fehlt ein Mitglied, B'Elanna Torres. Die Captains der beiden Schiffe entschließen, bei der Suche nach den vermißten Crewmitgliedern gemeinsam vorzugehen. Man folgt der Richtung der Energieimpulse. Unterwegs trifft man auf den Talaxianer Neelix, der sich auf einem heruntergekommenen Frachtschiff befindet. Er hilft ihnen bei der Suche und führt sie zu einem Planeten, auf dem das Volk der Okampa in einer riesigen, unterirdischen Stadt lebt. Kim und Torres kommen tatsächlich in dieser unterirdischen Stadt zu sich, sie leiden aber unter einer seltsamen Krankheit. Neelix führt die Voyager-Crew zu einem Lager auf dem Planeten, wo die Kazon-Ogla hausen. Neelix nutzt die Gunst der Stunde, um die Okampa Kes zu befreien. Mit Hilfe von Kes findet man einen Weg in die unterirdische Stadt und kann Kim und Torres retten. Man kehrt zurück zur Station und findet heraus, daß der Leiter der Station, der sich Caretaker nennt, im Sterben liegt. Er erklärt, daß er und andere Forscher seiner Art aus Versehen die Heimatwelt der Okampa unbewohnbar machten. Er und eine Frau blieben zurück, um für die Okampa zu sorgen. Die Frau hat ihn verlassen, und da sein Ende naht, sucht er die gesamte Galaxie nach einem Nachfolger ab. Der Caretaker stirbt. Inzwischen greifen die Kazon an, die sich die Technologien der Station zu Nutze machen wollen. Also gibt Janeway den Befehl, die Station zu zerstören und vernichtet damit die einzige Möglichkeit, wieder nach Hause zu kommen.

Kritik:

Der Pilotfilm von Star Trek - Voyager, der inzwischen vierten (!!!) Star Trek-Serie, wird vielfach als der beste Star Trek-Pilotfilm bezeichnet. Tatsächlich muß man bei "The Caretaker" erkennen, daß die Autoren aus den Schwächen und Fehlern früherer Pilotfilme gelernt haben.

So kam "The Caretaker" ziemlich schnell zum actiongeladenen Höhepunkt. Hatte man im DS9-Pilotfilm "The Emissary" den Fehler begangen, sich zu sehr auf Siskos Zweifel zu konzentrieren, ob er denn nun auf der Station bleiben würde (obwohl den Zuschauern längst bekannt war, daß Avery Brooks die Hauptrolle spielte), stellte man im Voyager-Pilotfilm nur kurz einige Charaktere vor (Janeway, Paris und Kim), um dann sofort auf den ersten Höhepunkt zuzusteuern. Die restlichen Figuren wurden nach und nach im Verlauf der Handlung vorgestellt.

Bereits nach 15 Minuten flog die Voyager in die Badlands, und anschließend überschlugen sich regelrecht die Ereignisse. Besonders gelungen war der extrem humorvolle Auftritt des holographischen Doktors. Einen kleinen Durchhänger hatte der Pilotfilm im letzten Drittel, und zwar in der übertrieben in die Länge gezogenen Szene, als die Voyager-Crew versuchte, über die lange Treppe vom unterirdischen Reich der Okampa an die Oberfläche des Planeten zu gelangen. Das schmälerte den insgesamt sehr positiven Eindruck des Pilotfilms jedoch kaum.

Besonders beeindruckend am Pilotfilm ist die sehr präzise Ausarbeitung der Charaktere, die in späteren Folgen nicht mehr korrigiert werden mußte.

Allen voran überzeugt Kate Mulgrew als Captain Janeway. Das mußten offenbar auch zähneknirschend diverse Kritiker erkennen, die sich dann mangels anderer Kritikpunkte auf Mulgrews Stimme und 'governantenhafte' Haarpracht einschossen. Offenbar wandeln doch mehr Haarfetischisten auf dieser Erde herum, als man glauben möchte, an der Haarpracht der Star Trek-Kapitäne herumzunörgeln scheint jedenfalls eine alte Star Trek-Tradition zu sein.

Als die ersten Gerüchte über Star Trek - Voyager herumgeisterten und erste Informationen über den holographischen Doktor bekannt wurden, waren die Befürchtungen groß, der Doktor könne sich als eine plumpe Data-Kopie entpuppen. Um so positiver war die Überraschung. Der holographische Doc ist nicht nur völlig anders konzipiert als Data, er sorgte bereits mit seinem ersten Auftritt für einen Lachanfall und stahl den anderen gnadenlos die Show. Im Gegensatz zu Data (der zu Beginn mit seinen endlosen Definitionsanfällen nervte) war der Charakter des holographischen Doktors in späteren Folgen keine Spur anders ausgearbeitet als im Pilotfilm, auch wenn er natürlich, wie alle Serienfiguren in guten Serien, eine nachvollziehbare charakterliche Entwicklung durchmacht und sicher weiter durchmachen wird.

Der Vulkanier Tuvok ist die fragwürdigste Figur. Eigentlich hat sich die Classic-Serie derart intensiv mit den Vulkaniern beschäftigt, daß man sich ernsthaft fragen muß, ob zum Thema Vulkanier nicht schon alles gesagt ist. So schien auch der Pilotfilm zu bestätigen, daß es keine besonders gute Idee war, einen Vulkanier in die Serie einzubauen, der dann letztlich doch im Schatten von Spock stehen würde. Es gibt jedoch einige Aspekte, die die Tuvok-Figur interessant machen. Tuvok zeigt zum einen deutlich, wie sehr sich Star Trek seit der Classic-Serie verändert hat. War in der Classic-Serie die Crew von Spocks emotionslosem Verhalten immer wieder aufs neue überrascht, wenn nicht sogar vor den Kopf gestoßen, geht die Voyager-Crew viel selbstverständlicher damit um. Zum anderen kann es durchaus interessant sein, das Verhalten eines 'reinen' Vulkaniers zu erforschen. Tim Russ, der den Vulkanier Tuvok verkörpert, war schon öfter in Star Trek in einer Gastrolle zu sehen und hatte sich auch schon mehrfach für eine Hauptrolle in Star Trek beworben. Wie schon sein 'vulkanischer Vorgänger' Leonard Nimoy identifiziert sich Tim Russ sehr stark mit Star Trek und seiner Rolle, so daß er durchaus das Zeug zu einem würdigen Spock-Nachfolger hat.Tuvok ist derjenige, der sowohl im Pilotfilm als auch in zukünftigen Folgen die Situationen analysieren und den meist richtigen Lösungsvorschlag präsentieren wird. Folglich läuft Chakotay Gefahr, das gleiche Schicksal wie Riker zu erleiden: Für ihn bleiben kaum mehr Lösungsvorschläge übrig.

B'Elanna Torres erinnerte zwangsläufig an die Halbklingonin K'Ehleyr. Etwas seltsam erscheint es, daß sie ihre Wutanfälle weniger unter Kontrolle hat als Vollklingone Worf. Gerade im Pilotfilm wirkten ihre Anfälle etwas übertrieben, so daß man auch über diese Figur noch nicht sehr viel sagen konnte.

Tom Paris war im Pilotfilm noch der typische Serien-Schürzenjäger. Hier haben die Autoren offenbar wenig aus ihren Fehlern gelernt, denn nachdem sowohl Riker als auch Dr. Bashir den Zuschauern mit ihren Schürzenjägergeschichten auf den Geist gegangen waren und die Autoren in späteren Seasons die Figuren "korrigierten", muß man sich fragen, warum die Produzenten sich genötigt sahen, auf der Voyager wieder den Klischee-Schürzenjäger einzuführen. Toms Vergangenheitsgeschichte erinnerte stark an die von Nicholas Locarno aus der TNG-Episode "The First Duty" (dt.: Ein mißglücktes Manöver), nicht zuletzt deswegen, weil der Darsteller in beiden Fällen Robert D. McNeill war. Ursprünglich war offenbar sogar geplant, die Locarno-Figur für Star Trek - Voyager zu übernehmen. Dann aber erkannte man, daß Locarno zwar nach außen hin der perfekte Vorzeige-Ensign war, in Wahrheit jedoch unaufrichtig und skrupellos. Tom Paris gibt sich nach außen hin rauh und flegelhaft, ist aber ein guter Kerl und bedauert seine Tat. Eine Szene war jedoch schon seltsam: Als Janeway gegenüber Paris erklärt, er würde die Voyager nur als Beobachter begleiten, meint Tom Paris erbost: "I'm the best pilot you can have!" Janeway scheint ihm nicht zu widersprechen. In späteren Folgen übernimmt Tom Paris tatsächlich die Steuerkonsole der Voyager. Seltsam. Hat nicht Tom Paris einen Shuttleunfall verursacht, der drei Menschenleben forderte? Ist DAS die Starfleet-Definition vom "besten Piloten, den man kriegen kann"?

Harry Kim und Chakotay wirkten im Pilotfilm noch etwas farblos, obwohl sich große Teile der Handlung auf die beiden Figuren konzentrierten.

Die übrigen Aliens, Neelix und Kes, gehören nicht zur Crew. Neelix erinnerte zunächst an eine freundliche Version von Quark. Tatsächlich dachte im Pilotfilm Neelix nur an seinen Vorteil und belog Janeway. Letztlich entpuppte sich aber Neelix' Vorgehen auch im Pilotfilm als nicht so völlig eigennützig, da es ihm in erster Linie darauf ankam, Kes zu retten. So war ein Vergleich mit Quark wirklich nur zu Beginn des Pilotfilms gerechtfertigt.

Im Pilotfilm noch ausgesprochen farblos wirkte die Okampa Kes: Bis dahin einzige Besonderheit war Kes' kurze Lebensdauer von 8 Jahren und ihre Fähigkeit, mit anderen Okampa telepathisch zu kommunizieren. Nun, ob es bei dieser kurzen Lebensspanne bleibt, erfahren wir wohl spätestens in der achten Season.

Sieht man sich die Crew und die Kulissen von Star Trek - Voyager an, muß man erkennen, daß die Produzenten der Serie auf Nummer sicher gehen wollten. Nachdem Star Trek - Deep Space Nine leider bei weitem nicht so erfolgreich war wie erwartet, erlaubte man sich beim Zugpferd des neuen Paramount-Networks keine Experimente und griff auf "Altbewährtes" im Sinne der Classic-Serie und TNG zurück.

So besteht der größte Teil der Brückencrew leider nur aus Menschen (Janeway, Chakotay, Tom Paris und Kim). Lediglich ein Vulkanier befindet sich auf der Brücke, ein Vergleich mit der Classic-Serie erscheint mir da nicht ganz ungerechtfertigt.

Die Kazon erinnern an die (nicht sonderlich intelligenten) Klingonen aus der Classic-Serie und fallen eher unter die Gattung "hirnlose Kriegerrasse". Auch die Brücke der Voyager wirkt wie eine (nicht unoriginelle!) Mischung aus der Classic-Serie und TNG. Während in der Classic-Serie trotz aller Kameradschaft auch kleinere Streitgespräche die Regel waren, huldigte TNG ganz dem Roddenberry-Konzept vom Toleranzgebot, das sich in einem besonders liebevollen und freundlichen Umgang der Hauptfiguren untereinander zeigte. Das machte zwar die TNG-Charaktere so sympathisch, ließ aber hin und wieder den Vorwurf aufkommen, die Serie hätte zu wenig "Pep". Um das zu vermeiden und trotzdem Roddenberrys Sternenflotte unangetastet zu lassen, griffen die Autoren zu einem nicht unraffinierten Trick: Sie mischten unter die Sternenflotten-Crew die Maquis-Crew, bestehend aus rauhen Burschen, die sich um die Regeln der Sternenflotte nicht sonderlich scheren. Im Grunde sind die Maquis keine Negativfiguren, sie unterliegen aber nicht den moralischen Prinzipien der Sternenflottenmitglieder.

Tim Russ (Tuvok) war bereits als Terrorist in der TNG-Folge "Starship Mine" (dt.: In der Hand von Terroristen) sowie als T'Kar in der DS9-Folge "Invasive Procedures" (dt.: Der Symbiont) zu sehen. In Star Trek - Generations war Tim Russ der taktische Offizier der Enterprise B. Robert Duncan McNeill (Tom Paris) spielte den Locarno in "The First Duty" (dt.: Ein mißglücktes Manöver). Ethan Phillips (Neelix) spielte Dr. Farek in der TNG-Folge Menage à Troi (dt.: Die Damen Troi). Auch das ist ein Indiz, daß die Produzenten keine Risiken eingehen wollten, da sie immerhin drei Darsteller anheuerten, mit denen sie bereits im Rahmen von Star Trek zusammengearbeitet hatten.

Das Voyagerschiff war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, neben der protzigen Enterprise wirkte es eher bescheiden. Wie bereits damals bei der Enterprise D gewöhnte man sich jedoch schnell an das neue Design.

Aufwand und Spezialeffekte waren im Pilotfilm von Star Trek - Voyager mehr als erstaunlich. Die Raumschlacht mit den Kazonschiffen übertraf teilweise sogar die für einen Kinofilm eher enttäuschende Raumschlacht aus "Star Trek - Generations". Die Innenkulissen der Voyager wirken ein wenig kühler als vergleichsweise in TNG. Während bei TNG eher ein gelber Grundton vorherrschte, sind die Farben in Star Trek - Voyager mehr metallic blau. Die Detailfülle ist aber wirklich beeindruckend und die Kulissen von Star Trek - Voyager könnten so wie sie sind für jeden Kinofilm herhalten. Zudem gab es im Voyager-Pilotfilm für Star Trek-Verhältnisse ungewöhnlich viele Außenaufnahmen. Die Szenen in der beeindruckenden, unterirdische Ocampa-Stadt wurden größtenteils im Los Angeles Convention Center gedreht, die Wüste auf der Oberfläche war das El Mirage Dry Lake in der Nähe von Victorville.

Die Handlung war letztendlich gut durchdacht und beinhaltete eine typische Star Trek-Geschichte. Der Caretaker ist ein übermächtiges Wesen, das für das Okampa-Volk sorgt und von den Okampas wie ein Gott angebetet wird. Das ist ein Handlungskonstrukt, das uns in Star Trek schon häufig begegnet ist. Die Story beinhaltete wieder deutliche, antireligiöse Tendenzen. So wurden die "gottergiebigen" Okampa mit "Kindern" verglichen. Es wurde klar herausgestellt, daß die Okampa erst dann eine weitere Entwicklungsstufe erklimmen, wenn sie erkennen, daß ihr Schicksal nicht von irgendeiner Gottheit, sondern von ihnen selbst gelenkt wird. Kes hat diesen Schritt getan, und die Belohnung ist eine Reise zu den Sternen. Auch die Thematik um das kostbare Trinkwasser ist ein Klassiker in der SF, man denke nur an "Der Wüstenplanet". Es war schon immer eine Methode von Star Trek, klassische SF-Themen aufzugreifen.

Insgesamt ließ Star Trek - Voyager kein klassisches Star Trek-Elemente aus, und sicherlich ist der Film von allen Star Trek-Pilotfilmen der "glatteste", er hat keine Ecken und Kanten, er wirkt routiniert und geradlinig. Dummerweise liegt genau da das Problem. Nach sieben Jahren TNG und zwei Jahren Star Trek - Deep Space Nine sollte es den Produzenten in erster Linie darum gehen, eine gewisse Star Trek-Müdigkeit unter den Zuschauern zu bekämpfen. Und dafür beinhaltet der Voyager-Pilotfilm schlicht zu wenig Neues. Sicher, die Autoren haben kein Star Trek-Element ausgelassen, alles fügt sich ineinander, aber wenn der Pilotfilm vorbei ist, läßt er einen doch unbefriedigt zurück. Man glaubt, letztlich nur ein aufgemotztes Remake von bereits Dagewesenem gesehen zu haben. Da mag der Pilotfilm von Star Trek - Deep Space Nine noch so viele langweilige Abschnitte gehabt haben, aber er faszinierte, indem er Star Trek von einer völlig neuen Seite zeigte. So wirkte der offizielle TNG-Nachfolger im Pilotfilm eher wie ein TNG-Aufguß, aufwendig wie nie, sehr gut gemacht und in sich stimmig, aber letztlich eben ein Aufguß.

Wenn auch die Story gegen Ende etwas sehr vorhersehbar wurde, kann man sich der Ansicht, The Caretaker sei der beste Star Trek-Pilotfilm, durchaus anschließen. Mir wäre aber etwas weniger professionelle Routine, dafür etwas mehr Experimentierfreude mit neuen Einfällen lieber gewesen.

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Letztes Update:
20. Februar 1998

©1998 Thomas Höhl.