Inhalt:
Die Voyager ist auf der Suche nach einem in den Badlands verschollenen
Maquis-Schiff. Dort angekommen wird das Schiff von einer herannahenden
Nebelwand erfaßt und ans andere Ende der Galaxis, in den Delta-Quadranten,
gesogen, wo man auf eine Station trifft, die ständig Energieimpulse
von sich gibt. Die Crew wird auf die Station gebeamt und verschiedenen
Tests unterzogen. Als alle wieder auf der Voyager zu sich kommen, ist ein
Besatzungsmitglied, Ensign Kim, verschwunden. Man nimmt Kontakt mit dem
Maquis-Schiff auf, welches sich vor der Station befindet. Auch unter den
Maquis fehlt ein Mitglied, B'Elanna Torres. Die Captains der beiden Schiffe
entschließen, bei der Suche nach den vermißten Crewmitgliedern
gemeinsam vorzugehen. Man folgt der Richtung der Energieimpulse. Unterwegs
trifft man auf den Talaxianer Neelix, der sich auf einem heruntergekommenen
Frachtschiff befindet. Er hilft ihnen bei der Suche und führt sie
zu einem Planeten, auf dem das Volk der Okampa in einer riesigen, unterirdischen
Stadt lebt. Kim und Torres kommen tatsächlich in dieser unterirdischen
Stadt zu sich, sie leiden aber unter einer seltsamen Krankheit. Neelix
führt die Voyager-Crew zu einem Lager auf dem Planeten, wo die Kazon-Ogla
hausen. Neelix nutzt die Gunst der Stunde, um die Okampa Kes zu befreien.
Mit Hilfe von Kes findet man einen Weg in die unterirdische Stadt und kann
Kim und Torres retten. Man kehrt zurück zur Station und findet heraus,
daß der Leiter der Station, der sich Caretaker nennt, im Sterben
liegt. Er erklärt, daß er und andere Forscher seiner Art aus
Versehen die Heimatwelt der Okampa unbewohnbar machten. Er und eine Frau
blieben zurück, um für die Okampa zu sorgen. Die Frau hat ihn
verlassen, und da sein Ende naht, sucht er die gesamte Galaxie nach einem
Nachfolger ab. Der Caretaker stirbt. Inzwischen greifen die Kazon an, die
sich die Technologien der Station zu Nutze machen wollen. Also gibt Janeway
den Befehl, die Station zu zerstören und vernichtet damit die einzige
Möglichkeit, wieder nach Hause zu kommen.
Kritik:
Der Pilotfilm von Star Trek - Voyager, der inzwischen vierten
(!!!) Star Trek-Serie, wird vielfach als der beste Star Trek-Pilotfilm
bezeichnet. Tatsächlich muß man bei "The Caretaker"
erkennen, daß die Autoren aus den Schwächen und Fehlern früherer
Pilotfilme gelernt haben.
So kam "The Caretaker" ziemlich schnell zum actiongeladenen
Höhepunkt. Hatte man im DS9-Pilotfilm "The Emissary" den
Fehler begangen, sich zu sehr auf Siskos Zweifel zu konzentrieren, ob er
denn nun auf der Station bleiben würde (obwohl den Zuschauern längst
bekannt war, daß Avery Brooks die Hauptrolle spielte), stellte man
im Voyager-Pilotfilm nur kurz einige Charaktere vor (Janeway, Paris und
Kim), um dann sofort auf den ersten Höhepunkt zuzusteuern. Die restlichen
Figuren wurden nach und nach im Verlauf der Handlung vorgestellt.
Bereits nach 15 Minuten flog die Voyager in die Badlands, und anschließend
überschlugen sich regelrecht die Ereignisse. Besonders gelungen war
der extrem humorvolle Auftritt des holographischen Doktors. Einen kleinen
Durchhänger hatte der Pilotfilm im letzten Drittel, und zwar in der
übertrieben in die Länge gezogenen Szene, als die Voyager-Crew
versuchte, über die lange Treppe vom unterirdischen Reich der Okampa
an die Oberfläche des Planeten zu gelangen. Das schmälerte den
insgesamt sehr positiven Eindruck des Pilotfilms jedoch kaum.
Besonders beeindruckend am Pilotfilm ist die sehr präzise Ausarbeitung
der Charaktere, die in späteren Folgen nicht mehr korrigiert werden
mußte.
Allen voran überzeugt Kate Mulgrew als Captain Janeway. Das mußten
offenbar auch zähneknirschend diverse Kritiker erkennen, die sich
dann mangels anderer Kritikpunkte auf Mulgrews Stimme und 'governantenhafte'
Haarpracht einschossen. Offenbar wandeln doch mehr Haarfetischisten auf
dieser Erde herum, als man glauben möchte, an der Haarpracht der Star
Trek-Kapitäne herumzunörgeln scheint jedenfalls eine alte Star
Trek-Tradition zu sein.
Als die ersten Gerüchte über Star Trek - Voyager herumgeisterten
und erste Informationen über den holographischen Doktor bekannt wurden,
waren die Befürchtungen groß, der Doktor könne sich als
eine plumpe Data-Kopie entpuppen. Um so positiver war die Überraschung.
Der holographische Doc ist nicht nur völlig anders konzipiert als
Data, er sorgte bereits mit seinem ersten Auftritt für einen Lachanfall
und stahl den anderen gnadenlos die Show. Im Gegensatz zu Data (der zu
Beginn mit seinen endlosen Definitionsanfällen nervte) war der Charakter
des holographischen Doktors in späteren Folgen keine Spur anders ausgearbeitet
als im Pilotfilm, auch wenn er natürlich, wie alle Serienfiguren in
guten Serien, eine nachvollziehbare charakterliche Entwicklung durchmacht
und sicher weiter durchmachen wird.
Der Vulkanier Tuvok ist die fragwürdigste Figur. Eigentlich hat
sich die Classic-Serie derart intensiv mit den Vulkaniern beschäftigt,
daß man sich ernsthaft fragen muß, ob zum Thema Vulkanier nicht
schon alles gesagt ist. So schien auch der Pilotfilm zu bestätigen,
daß es keine besonders gute Idee war, einen Vulkanier in die Serie
einzubauen, der dann letztlich doch im Schatten von Spock stehen würde.
Es gibt jedoch einige Aspekte, die die Tuvok-Figur interessant machen.
Tuvok zeigt zum einen deutlich, wie sehr sich Star Trek seit der Classic-Serie
verändert hat. War in der Classic-Serie die Crew von Spocks emotionslosem
Verhalten immer wieder aufs neue überrascht, wenn nicht sogar vor
den Kopf gestoßen, geht die Voyager-Crew viel selbstverständlicher
damit um. Zum anderen kann es durchaus interessant sein, das Verhalten
eines 'reinen' Vulkaniers zu erforschen. Tim Russ, der den Vulkanier Tuvok
verkörpert, war schon öfter in Star Trek in einer Gastrolle zu
sehen und hatte sich auch schon mehrfach für eine Hauptrolle in Star
Trek beworben. Wie schon sein 'vulkanischer Vorgänger' Leonard Nimoy
identifiziert sich Tim Russ sehr stark mit Star Trek und seiner Rolle,
so daß er durchaus das Zeug zu einem würdigen Spock-Nachfolger
hat.Tuvok ist derjenige, der sowohl im Pilotfilm als auch in zukünftigen
Folgen die Situationen analysieren und den meist richtigen Lösungsvorschlag
präsentieren wird. Folglich läuft Chakotay Gefahr, das gleiche
Schicksal wie Riker zu erleiden: Für ihn bleiben kaum mehr Lösungsvorschläge
übrig.
B'Elanna Torres erinnerte zwangsläufig an die Halbklingonin K'Ehleyr.
Etwas seltsam erscheint es, daß sie ihre Wutanfälle weniger
unter Kontrolle hat als Vollklingone Worf. Gerade im Pilotfilm wirkten
ihre Anfälle etwas übertrieben, so daß man auch über
diese Figur noch nicht sehr viel sagen konnte.
Tom Paris war im Pilotfilm noch der typische Serien-Schürzenjäger.
Hier haben die Autoren offenbar wenig aus ihren Fehlern gelernt, denn nachdem
sowohl Riker als auch Dr. Bashir den Zuschauern mit ihren Schürzenjägergeschichten
auf den Geist gegangen waren und die Autoren in späteren Seasons die
Figuren "korrigierten", muß man sich fragen, warum die
Produzenten sich genötigt sahen, auf der Voyager wieder den Klischee-Schürzenjäger
einzuführen. Toms Vergangenheitsgeschichte erinnerte stark an die
von Nicholas Locarno aus der TNG-Episode "The First Duty" (dt.:
Ein mißglücktes Manöver), nicht zuletzt deswegen, weil
der Darsteller in beiden Fällen Robert D. McNeill war. Ursprünglich
war offenbar sogar geplant, die Locarno-Figur für Star Trek - Voyager
zu übernehmen. Dann aber erkannte man, daß Locarno zwar nach
außen hin der perfekte Vorzeige-Ensign war, in Wahrheit jedoch unaufrichtig
und skrupellos. Tom Paris gibt sich nach außen hin rauh und flegelhaft,
ist aber ein guter Kerl und bedauert seine Tat. Eine Szene war jedoch schon
seltsam: Als Janeway gegenüber Paris erklärt, er würde die
Voyager nur als Beobachter begleiten, meint Tom Paris erbost: "I'm
the best pilot you can have!" Janeway scheint ihm nicht zu widersprechen.
In späteren Folgen übernimmt Tom Paris tatsächlich die Steuerkonsole
der Voyager. Seltsam. Hat nicht Tom Paris einen Shuttleunfall verursacht,
der drei Menschenleben forderte? Ist DAS die Starfleet-Definition vom "besten
Piloten, den man kriegen kann"?
Harry Kim und Chakotay wirkten im Pilotfilm noch etwas farblos, obwohl
sich große Teile der Handlung auf die beiden Figuren konzentrierten.
Die übrigen Aliens, Neelix und Kes, gehören nicht zur Crew.
Neelix erinnerte zunächst an eine freundliche Version von Quark. Tatsächlich
dachte im Pilotfilm Neelix nur an seinen Vorteil und belog Janeway. Letztlich
entpuppte sich aber Neelix' Vorgehen auch im Pilotfilm als nicht so völlig
eigennützig, da es ihm in erster Linie darauf ankam, Kes zu retten.
So war ein Vergleich mit Quark wirklich nur zu Beginn des Pilotfilms gerechtfertigt.
Im Pilotfilm noch ausgesprochen farblos wirkte die Okampa Kes: Bis dahin
einzige Besonderheit war Kes' kurze Lebensdauer von 8 Jahren und ihre Fähigkeit,
mit anderen Okampa telepathisch zu kommunizieren. Nun, ob es bei dieser
kurzen Lebensspanne bleibt, erfahren wir wohl spätestens in der achten
Season.
Sieht man sich die Crew und die Kulissen von Star Trek - Voyager
an, muß man erkennen, daß die Produzenten der Serie auf Nummer
sicher gehen wollten. Nachdem Star Trek - Deep Space Nine leider
bei weitem nicht so erfolgreich war wie erwartet, erlaubte man sich beim
Zugpferd des neuen Paramount-Networks keine Experimente und griff auf "Altbewährtes"
im Sinne der Classic-Serie und TNG zurück.
So besteht der größte Teil der Brückencrew leider nur
aus Menschen (Janeway, Chakotay, Tom Paris und Kim). Lediglich ein Vulkanier
befindet sich auf der Brücke, ein Vergleich mit der Classic-Serie
erscheint mir da nicht ganz ungerechtfertigt.
Die Kazon erinnern an die (nicht sonderlich intelligenten) Klingonen
aus der Classic-Serie und fallen eher unter die Gattung "hirnlose
Kriegerrasse". Auch die Brücke der Voyager wirkt wie eine (nicht
unoriginelle!) Mischung aus der Classic-Serie und TNG. Während in
der Classic-Serie trotz aller Kameradschaft auch kleinere Streitgespräche
die Regel waren, huldigte TNG ganz dem Roddenberry-Konzept vom Toleranzgebot,
das sich in einem besonders liebevollen und freundlichen Umgang der Hauptfiguren
untereinander zeigte. Das machte zwar die TNG-Charaktere so sympathisch,
ließ aber hin und wieder den Vorwurf aufkommen, die Serie hätte
zu wenig "Pep". Um das zu vermeiden und trotzdem Roddenberrys
Sternenflotte unangetastet zu lassen, griffen die Autoren zu einem nicht
unraffinierten Trick: Sie mischten unter die Sternenflotten-Crew die Maquis-Crew,
bestehend aus rauhen Burschen, die sich um die Regeln der Sternenflotte
nicht sonderlich scheren. Im Grunde sind die Maquis keine Negativfiguren,
sie unterliegen aber nicht den moralischen Prinzipien der Sternenflottenmitglieder.
Tim Russ (Tuvok) war bereits als Terrorist in der TNG-Folge "Starship
Mine" (dt.: In der Hand von Terroristen) sowie als T'Kar in der DS9-Folge
"Invasive Procedures" (dt.: Der Symbiont) zu sehen. In Star
Trek - Generations war Tim Russ der taktische Offizier der Enterprise
B. Robert Duncan McNeill (Tom Paris) spielte den Locarno in "The First
Duty" (dt.: Ein mißglücktes Manöver). Ethan Phillips
(Neelix) spielte Dr. Farek in der TNG-Folge Menage à Troi (dt.:
Die Damen Troi). Auch das ist ein Indiz, daß die Produzenten keine
Risiken eingehen wollten, da sie immerhin drei Darsteller anheuerten, mit
denen sie bereits im Rahmen von Star Trek zusammengearbeitet hatten.
Das Voyagerschiff war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig,
neben der protzigen Enterprise wirkte es eher bescheiden. Wie bereits damals
bei der Enterprise D gewöhnte man sich jedoch schnell an das neue
Design.
Aufwand und Spezialeffekte waren im Pilotfilm von Star Trek - Voyager
mehr als erstaunlich. Die Raumschlacht mit den Kazonschiffen übertraf
teilweise sogar die für einen Kinofilm eher enttäuschende Raumschlacht
aus "Star Trek - Generations". Die Innenkulissen der Voyager
wirken ein wenig kühler als vergleichsweise in TNG. Während bei
TNG eher ein gelber Grundton vorherrschte, sind die Farben in Star Trek
- Voyager mehr metallic blau. Die Detailfülle ist aber wirklich
beeindruckend und die Kulissen von Star Trek - Voyager könnten
so wie sie sind für jeden Kinofilm herhalten. Zudem gab es im Voyager-Pilotfilm
für Star Trek-Verhältnisse ungewöhnlich viele Außenaufnahmen.
Die Szenen in der beeindruckenden, unterirdische Ocampa-Stadt wurden größtenteils
im Los Angeles Convention Center gedreht, die Wüste auf der Oberfläche
war das El Mirage Dry Lake in der Nähe von Victorville.
Die Handlung war letztendlich gut durchdacht und beinhaltete eine typische
Star Trek-Geschichte. Der Caretaker ist ein übermächtiges Wesen,
das für das Okampa-Volk sorgt und von den Okampas wie ein Gott angebetet
wird. Das ist ein Handlungskonstrukt, das uns in Star Trek schon häufig
begegnet ist. Die Story beinhaltete wieder deutliche, antireligiöse
Tendenzen. So wurden die "gottergiebigen" Okampa mit "Kindern"
verglichen. Es wurde klar herausgestellt, daß die Okampa erst dann
eine weitere Entwicklungsstufe erklimmen, wenn sie erkennen, daß
ihr Schicksal nicht von irgendeiner Gottheit, sondern von ihnen selbst
gelenkt wird. Kes hat diesen Schritt getan, und die Belohnung ist eine
Reise zu den Sternen. Auch die Thematik um das kostbare Trinkwasser ist
ein Klassiker in der SF, man denke nur an "Der Wüstenplanet".
Es war schon immer eine Methode von Star Trek, klassische SF-Themen aufzugreifen.
Insgesamt ließ Star Trek - Voyager kein klassisches Star
Trek-Elemente aus, und sicherlich ist der Film von allen Star Trek-Pilotfilmen
der "glatteste", er hat keine Ecken und Kanten, er wirkt routiniert
und geradlinig. Dummerweise liegt genau da das Problem. Nach sieben Jahren
TNG und zwei Jahren Star Trek - Deep Space Nine sollte es den Produzenten
in erster Linie darum gehen, eine gewisse Star Trek-Müdigkeit unter
den Zuschauern zu bekämpfen. Und dafür beinhaltet der Voyager-Pilotfilm
schlicht zu wenig Neues. Sicher, die Autoren haben kein Star Trek-Element
ausgelassen, alles fügt sich ineinander, aber wenn der Pilotfilm vorbei
ist, läßt er einen doch unbefriedigt zurück. Man glaubt,
letztlich nur ein aufgemotztes Remake von bereits Dagewesenem gesehen zu
haben. Da mag der Pilotfilm von Star Trek - Deep Space Nine noch
so viele langweilige Abschnitte gehabt haben, aber er faszinierte, indem
er Star Trek von einer völlig neuen Seite zeigte. So wirkte der offizielle
TNG-Nachfolger im Pilotfilm eher wie ein TNG-Aufguß, aufwendig wie
nie, sehr gut gemacht und in sich stimmig, aber letztlich eben ein Aufguß.
Wenn auch die Story gegen Ende etwas sehr vorhersehbar wurde, kann man
sich der Ansicht, The Caretaker sei der beste Star Trek-Pilotfilm, durchaus
anschließen. Mir wäre aber etwas weniger professionelle Routine,
dafür etwas mehr Experimentierfreude mit neuen Einfällen lieber
gewesen.
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