Voy: 72
"Nemesis" (Nemesis)

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Staffel4
71: "Day of Honor"
73: "Revulsion"

US-Erstausstrahlung:
24.9.1997

SAT1-Erstsendung:
20.11.1998

Regie:
Alexander Singer

Drehbuch:
Kenneth Biller

Musik:
David Bell

Gaststars:

Michael Mahonen
als Brone

Matt E. Levin
als Namon

Nathan Anderson
als Rafin

Peter Vogt
als Commandant

Booth Colman
als Penno

Terrence Evans
als Botschafter Treen

Marilyn Fox
als Marna

Pancho Demmings
als Kradin Soldat

CoverInhalt:

Chakotay ist auf einem Planeten gestrandet, auf dem sich gerade die Vori gegen die Kradin im Krieg befinden. Die Vori erklären Chakotay, daß die Kradin grausame Bestien sind. Sie sind wohl auch dafür verantwortlich, daß Chakotay abgeschossen wurde. Chakotay versucht, sich aus dem Krieg herauszuhalten, bleibt aber bei den Vori, die auf dem Weg zum siebten Kontingent sind. Dort angekommen, findet er nur die Toten. Kurz darauf greifen die Kradin an, bei der viele Vori getötet werden. Auch Chakotay wird angeschossen und kann fliehen. Er erreicht ein Vori-Dorf, wo er freundlich empfangen wird. Kurz darauf muß er mit ansehen, wie die Kradin das Dorf bombardieren und die Alten des Dorfes in ein Vernichtungslager wegschaffen. Chakotay wird von Brone befreit. Er ist nun bereit, sich zusammen mit dem fünften Kontingent aufzumachen, um die Dorfbewohner zu befreien.

Auf der Voyager hilft Kradin-Botschafter Treen dabei, Chakotay ausfindig zu machen, da Interferenzen den Scanner der Voyager beeinträchtigt. Er ist in einem Vori-Trainingslager, wo ihm in einer simulierten Welt und mit der Zugabe von Drogen der Haß auf die Kradin eingeimpft wird. Chakotay kann von Tuvok gerettet werden. Obwohl Chakotay erkennt, daß er manipuliert wurde, kann er seinen Haß auf die Kradin nicht einfach ablegen.

Kritik:

"Nemesis" ist eine der schlechtesten Episoden der vierten Staffel von "Star Trek - Voyager". Die gelungene Überraschung, daß die Voyagercrew die ganze Zeit mit den Kradin verhandelt hatte und daß die Vori gemeint waren, wenn Janeway von dem Feind sprach, rechtfertigt nicht den langweiligen Rest von "Nemesis". Das Drehbuch ist leider typisch für Kenneth Biller. Seine Geschichten beinhalten meistens eine sehr originelle Idee und sogar einen sehr intelligenten und diskussionswürdigen Kern, doch Billers Episoden durchlaufen oft zu viel erzählerischen Leerlauf, bis sie endlich einmal zur Pointe vordringen.

Am Ende der Episode meint Chakotay: "I wish it were as easy to stop hating as it was to start." (Deutsche Fassung: Ich wünschte, es wäre so leicht, den Haß abzulegen, wie ihn aufzubauen.) Nun kann man lange darüber streiten, ob diese auf Provokation getrimmte Aussage stimmt, die Episode "Nemesis" ist jedoch denkbar ungeeignet, um diese Botschaft zu bestätigen. Denn ganz offensichtlich war es alles andere als "leicht", Chakotay den Haß auf die Kradin beizubringen, schließlich war der Zuschauer gezwungen, diesen mehr als langwierigen Prozeß in vielen ermüdenden Szenen mitzuverfolgen.

Daß Chakotay am Ende der Episode seine zeitraubende Konditionierung nicht einfach abschütteln kann, ist verständlich, ob es aber wirklich beweist, daß das Hassen schneller erlernt als überwunden ist, darf man bezweifeln. Letztlich ist es einem als Zuschauer aber nach dieser langweiligen Episode auch egal, ob Chakotay nun dreimal so viel Zeit benötigt, um seinen Haß auf die Kradin abzubauen, solange wir nur nicht gezwungen sind, ihm bei diesem Prozeß auch noch zuzusehen.

Viel treffender ist eine völlig andere Message der Geschichte. Es hing nämlich vom reinen Zufall ab, mit welcher der Kriegsparteien Chakotay sympathisierte. Wäre sein Shuttle in einem anderen Gebiet abgestürzt, wäre ihm vielleicht ein ähnlicher Haß auf die Vori eingetrichtert worden, und die Voyagercrew hätte mit den hilfsbereiten Vori verhandelt. Das aber genau ist der irrwitzige Kern eines jeden Krieges. Der Zufall des Geburtsortes bestimmt, welcher Propaganda der einzelne ausgeliefert ist und auf welcher Seite ein Soldat kämpft.

Kenneth Biller gab sich offenbar große Mühe, den Vori eine eigene Sprache zu verleihen. Was auf den ersten Blick einfallsreich erscheint, erscheint auf den zweiten Blick weniger sinnvoll. Wenn der Universalübersetzer eine Sprache übersetzt, dann muß er dabei auch die Eigenheiten, die in jeder Sprache üblich sind, berücksichtigen. Anderenfalls müßte der Universalübersetzer einen englischen Satz wie "Do you like some tea?" in "Tust Du etwas Tee mögen?" übersetzen. Diese sprachlichen Elemente empfand Biller aber wohl als notwendig, um am Ende der Episode aufzuzeigen, daß Chakotays Gehirnwäsche abgeschlossen ist, da Chakotay die Formulierungen der Vori übernimmt und Tuvok zuruft: "You have to nullify me first!" "To nullify" (dt.: auslöschen, annullieren) ist das Verb, das die Vori für den Begriff "töten" verwenden. In der deutschen Fassung wurde es mit "zunichte machen" (also zum Beispiel "er wurde zunichte gemacht") übersetzt.

Abgesehen von den "Children of Tamar" aus der TNG-Episode "Darmok", die in historischen Anspielungen sprachen, hatten bisher die Außerirdischen nie sprachlichen Eigenheiten. Daß die Vori die einzige Rasse im Universum sein sollte, deren Sprache bestimmte Eigenarten aufweist, erscheint mir undenkbar. Warum sollte aber der Universalübersetzer plötzlich nicht mehr in der Lage sein, zu erkennen, daß die Vori "töten" meinen, wenn sie "nullify" sagen? Die verfremdete Sprache der Vori reichte auch bei weitem nicht aus, um einen hinreichend großen Verfremdungseffekt hervorzurufen, der von der ansonsten phantasielosen Vietnamkrieg-Inszenierung abgelenkt hätte.

Die deutsche Übersetzung gab sich erfreulicherweise Mühe, die Wortneuschöpfungen der Vori zumindest teilweise zu berücksichtigen. Ein paar Beispiele für die Wortwahl der Vori: Ihre Welt bezeichnen sie als "sphere", also "Sphäre". Die Vori reden nicht vom "Wald", sondern von den "trunks", was "Stämme" bedeutet. In der deutschen Fassung wurde von den Hölzern gesprochen. Das Jenseits ist für die Vori "the Way" (der Weg), was in der deutschen Fassung mit "das Nachleben" übersetzt wurde. Die Vori folgen nicht Befehlen, sie folgen den "tellings" (deutsche Fassung: den Worten). "To fathom" (dt.: u.a. ergründen) wird bei den Vori als Erwiderung auf einen Befehl verwendet, aber auch als Verb, wenn sie etwas verstehen. In der Deutschen Fassung wurde er meist mit "bedenken" oder "bedacht" übersetzt. (Beispiel: "As long as you are with us you do my tellings. Fathom?" - "Fathom!"; Deutsche Fassung: Solange Sie bei uns sind, folgen Sie meinen Worten. Bedacht? - Bedacht!)

Statt "vorher", "jetzt" und "später" bilden die Vori Hauptwörter. Die Vori sagen "the now" (deutsche Fassung: dem Jetzt) "the before" (deutsche Fassung: dem Zuvor) und "the soon-after" (deutsche Fassung: dem Bald-Nachdem).

Die Sonne ist für die Vori das "glare" (deutsche Fassung: das (grelle) Licht). Die Vori verwenden das Verb "sehen" nicht, sie benutzen das Phantasieverb "to glimpse" (deutsche Fassung: erblicken, zum Beispiel: Haben Sie das Shuttle erblickt?) Statt der Formulierung "halten Sie die Augen offen" sagen die Vori "keep the glimpse wide", in der deutschen Fassung korrekt übersetzt mit "den Blick weit halten".

Die Vori riskieren nicht ihr Leben. Sie sagen: "to chance my days and nights". (Deutsche Fassung: Meine Tage und Nächte riskieren).

Es gibt allerdings auch eine Menge Begriffe, die in der deutschen Fassung in gewöhnliches Deutsch übertragen wurde, so daß die Sprache der Vori um einiges "normaler" klang als im Original. Statt "klug" sagen die Vori "sharp" (dt.: scharf), er wurde aber einfach mit "klug" übersetzt. Wenn die Vori ihre Kleider meinen, sagen sie "the coverings" (von "cover" = Decke, Schutz usw.). Die deutsche Fassung spricht aber je nachdem von den Tarnanzügen oder der Kleidung.

Die Vori verwenden das Phantaise-Verb "to cluster with", wenn sie sich mit anderen zusammenschließen. Auch hier dachte sich der Übersetzer der deutschen Fassung kein entsprechendes Phantasie-Verb aus. Die Redewendung "you are brightly greeted" (also etwa ‘sei heiter gegrüßt’ wurde zu einem sinngemäß richtig übersetzten, aber recht normal klingenden "seien Sie fröhlich gegrüßt".

Es wäre allerdings wünschenswert gewesen, wenn das ganze Story-Element um die Simulation von Autor Kenneth Biller auch nur annährend so gründlich durchdacht worden wäre wie die Sprache der Vori. Es erscheint nämlich kaum glaubwürdig, daß die Vori für einen einzelnen Mann einen so gewaltigen Aufwand betreiben, um ihm das Hassen beizubringen. Unklar ist auch, wie es Tuvok gelang, die Kontrolle über die Simulation zu erlangen? Und auch wenn es sich bei der Simulation nur um eine automatisch startende und sehr einfache "photometrische Projektion" handelt, die Technik scheint ziemlich weit fortgeschritten. Im Vergleich dazu erscheint der Krieg auf dem technischen Niveau des Vietnamkrieges zu stehen. Eine Bevölkerung, die technisch derart weit entwickelt ist, führt aber kaum noch Kriege mit Projektilwaffen und rekrutierten Kämpfern im Dickicht eines Dschungels. Es ist unglaubwürdig, daß sich diese Konditionierungseinrichtung so nahe an der Kampfzone befindet. Und warum führte Tuvok Commander Chakotay nicht zum Beginn der Simulation? Wobei der Anfang der Simulation ohnehin nicht sonderlich nachvollziehbar. Als Anspielung auf amerikanische Bandenkriege wird Chakotay festgenommen, weil er nicht die richtigen Farben trägt. Ihm wird unterstellt, ein Kradin zu sein. Besteht da wirklich eine Verwechslungsgefahr? Auch wenn einige der Vori-Soldaten noch nie einen Kradin gesehen haben, werden sie doch wenigstens einmal ein Bild "erblickt" haben!

Chakotay erzählt zu Beginn, daß er von einem Ort kommt, an dem man nach friedlichen Lösungen sucht. Hat er da die Voyager gemeint? Immerhin hat er vorher in der "entmilitarisierten Zone" als Maquis gekämpft, was ihn nicht gerade auszeichnete, nach friedlichen Lösungen zu suchen. Später erzählt er auch von seiner Nemesis, den Cardassianern.

"Nemesis" ist die einzige Episode der vierten und fünften Staffel, in der Seven keinen Auftritt hatte. Sie hätte die Episode aber wohl auch nicht retten können. Insgesamt ein Jammer. Viele aufwendige Außenaufnahmen, die im Sommer 1997 auf der Warner-Ranch gedreht wurden, und das alles für eine so langweilige Episode.

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Letztes Update:
22. September 2001

©1998 Thomas Höhl.