DS9: 102
"...Nor the Battle to the Strong" (Die Schlacht um Ajilon)

Hauptseite
Staffel5
101: "Looking..."
103: "The Assig..."
US-Erstsendung:
19.10.1996

SAT1-Erstsendung:
21.2.1998

Regie:
Kim Friedman

Drehbuch:
René Echevarria

Story:
Brice R. Parker

Musik:
Dennis McCarthy

Gaststars:

Andrew Kavovit
als Kirby

Karen Austin
als Kalandra

Mark Holton
als Bolian

Lisa Lord
als Schwester

Jeb Brown
als Ensign

Danny Goldring
als Burke

Inhalt:

Star Trek - Deep Space NineJake Sisko begleitet Dr. Bashir, weil er einen Bericht über die Arbeit des Stationsarztes verfassen will. Als die Ajilon-Kolonie der Föderation von Klingonen angegriffen wird, besteht Jake darauf, Bashir bei dem Rettungseinsatz zu begleiten. Die USS Ferraget wird Ajilon erst einen Tag später erreichen. Da das Krankenhaus der ajilonischen Hauptstadt zerstört ist, hat man die Verletzten in den Untergrund gebracht. Jake ist auf die vielen Verletzten und Toten nicht vorbereitet. Er hilft dem Pfleger Kirby, die Leute wegzutragen. Ein Crewmitglied behauptet, von einem klingonischen Disruptor getroffen worden zu sein. In Wahrheit hat er sich aber selbst in den Fuß geschossen, um von der Kampflinie in das sichere Rettungslager wegetragen zu werden. Als die Ferraget von den Klingonen zerstört wird, macht sich Sisko mit der Defiant auf den Weg.

Die Klingonen zerstören den Hauptgenerator, der das Rettungslager versorgt. Bashir und Jake wollen einen tragbaren Generator aus dem Shuttle holen. Auf dem Weg dorthin geraten beide unter Beschuß. Jake rennt in wilder Panik davon. Er trifft auf einen sterbenden Offizier, dem er leider nicht helfen kann. Jake kehrt zur Höhle zurück und erfährt dort, daß Bashir es mit vielen Verletzungen geschafft hat, den Generator allein zum Kankenlager zu schleppen. Jake spricht mit dem Ensign, der sich selbst in den Fuß schoß. Der junge Mann macht sich die gleichen Vorwürfe wie Jake und rechnet damit, vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Jake hört, wie das medizinische Personal Witze darüber macht, welche Art von einem Klingonen getötet zu werden die angenehmste ist und verliert die Nerven.

Die Klingonen befeuern den Eingang zum Krankenlager. Als sie eindringen, greift sich Jake einen Phaser und feuert in wilder Panik aus seinem Versteck, bis der Tunnelgang einstürzt und die Klingonen unter sich begräbt. Das rettet die Verwundeten der Kolonie.

Kritik:

Über die Moral der Episode muß man nicht lange rätseln. Sie wurde uns von Jake Sisko am Ende von "Nor the Battle to the Strong" erklärt: "The line between courage and cowardice is a lot thinner than most people believe." (Dt.: Der Abstand zwischen Mut und Feigheit ist bei weitem geringer als die meisten Leute glauben.) Es zeugt immer ein wenig von einer Kapitulation des Autors, wenn er keinen anderen Weg findet, als die Aussage seiner Geschichte für den Zuschauer zu verbalisieren. Hier war es jedoch eine starke, gehaltvolle Aussage, und sie dem Publikum ausformuliert zu unterbreiten wirkte hier ausnahmsweise nicht unpassend, da man die ganze Episode über Jakes Stimme aus dem Off gehört hatte.

Der Beginn von "Nor the Battle to the Strong" erschien ein wenig wie "Star Trek goes 'Emergency Room'", und natürlich waren einige Kriegsschauplatz- und Notaufnahmeklischees vertreten, die aber durch die guten Darstellerleistungen glücklicherweise gemildert wurden. Doch dann wendete sich das Blatt und das Niveau der Episode stieg. Es gibt wenige Filme oder Serien, die nicht den klassischen Helden, sondern den "Feigling" in den Mittelpunkt stellen. "Nor the Battle to the Strong" war eine solche Episode.

Überhaupt ist die Feigheit, oder die Angst, Thema dieser Folge. Jeder der Figuren hat eine andere Methode, mit seiner Angst fertigzuwerden. Jeder wird durch die Angst zu einer anderen Reaktion getrieben. Kirby macht geschmacklose Witze, Jake rennt in zielloser Panik davon, der sterbende Offizier wird gehässig, während sich ein Ensign gezielt und geplant mit dem eigenen Phaser in den Fuß schießt, um als Verletzter ins sichere Krankenlager weggetragen zu werden. Thema der Episode ist auch die Angst um andere, so Kalandras Angst um ihren Mann oder Siskos Angst um Jake. Beide unterziehen sich einer Art Beschäftigungstherapie.

Schlüsselaussage der Episode ist tatsächlich, daß Angst je nach Situation zu einer Reaktion führt, die dann als Heldentat oder als Feigheit eingestuft werden kann. Ein etwas ähnliches Thema gab es bereits in der Episode "The Circle" (dt.: Der Kreis), in der der Bajoraner Li Nalas in Panik einen unbewaffneten Cardassianer niederstreckte und deswegen als Volksheld verehrt wurde. Auch Li Nalas wurde kaum mit der Erkenntnis fertig, daß seine große Heldentat nichts weiter als eine panische Reaktion war.

Es gibt nicht viele Filme oder Serien, in denen die Hauptfigur wirklich Angst und Feigheit offenbaren darf, ohne deswegen als Unsympath dargestellt zu werden. Jake bekommt auch vom Drehbuch keine Gelegenheit, seiner panischen Flucht eine höhere Bedeutung zu geben. "Maybe I ran for a reason" (dt.: Vielleicht bin ich für einen Zweck davongelaufen), meint er zum sterbenden Offizier, der jedoch antwortet nur: "Sorry kid, life doesn't work like that." (Dt.: Tut mir leid Kleiner, das Leben funktioniert so nicht.)

Die Episode war relativ aufwendig gestaltet, lediglich die Explosionen wirkten nicht sonderlich überzeugend. Die Sternenflotte wurde hier etwas arg düster dargestellt, besonders fragwürdig war der Abschnitt mit dem Ensign, der sich mit seinem Phaser in den Fuß schoß und der nun eine Kriegsgerichtsverhandlung befürchtet. Vielleicht war das auch nur eine Überreaktion seinerseits, denn Jake bezweifelt ja die Sache mit dem Militärgericht und denkt eher, daß man ihn zu einem Counselor schicken wird. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß es in der Sternenflotte, die immerhin das Symbol einer weiterentwickelten Menschheit sein soll, noch immer Kriegsgerichtsverfahren für eine so menschliche Schwäche gibt. Noch sind wir freilich nicht so weit. Nach wie vor werden in Deutschland Selbstverletzungen oder Verstümmelungen, die jemand begeht, um dem Wehrdienst zu entgehen, mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren geahndent. Aber wir leben ja auch nicht in der Föderation.

Kurz erwähnt wurde in dieser Episode noch mal Odos Problem mit seiner Menschwerdung. Allerdings wieder recht oberflächlich und eher im Rahmen einer witzigen Situation. Odo erzählt, daß er die Treppe herunterfiel, als er einen Falschspieler verfolgen wollte. Als torkalianischer Riesengeier wollte er dem Täter hinterherfliegen. Statt dessen fiel er die Treppe hinunter und verstauchte sich das Bein. Gut war bei dieser Szene nur der Moment, als Odo zu Sisko meinte: "Humanoid bodies are so fragile!" (Menschliche Körper sind so zerbrechlich.) Das waren freilich nicht die richtigen Worte an einen besorgten Vater.

Selbstironie zeigte die Episode auch, als man Jakes Erzählerstimme sagen hört: "I have absolutely no idea what he's talking about. Who cares about anomalies? People want stories about something they can relate to." (Dt.: Ich habe absolut keine Ahnung wovon er da redet. Wen interessieren Anomalien? Die Leute wollen Geschichten über Themen, mit denen sie was anfangen können.) Wenn das mal keine milde Eigenkritik übers immer wieder gescholtene Technikkauderwelsch und die vor allem der Serie "Star Trek - Voyager" immer wieder vorgeworfene "Anomalie der Woche" war...

Die USS Ferraget, die hier erwähnt und zerstört wurde, war in dem Film "Star Trek - Generations" gezeigt worden. Jake-Darsteller Cirroc Lofton war kurz vor dieser Episode 18 Jahre alt geworden und durfte daher erstmals nicht mehr nur sieben, sondern 14 Stunden am Drehort arbeiten.

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Letztes Update:
19. Februar 1998

©1998 Thomas Höhl.