Inhalt:
Jake Sisko begleitet Dr. Bashir, weil er einen Bericht über die
Arbeit des Stationsarztes verfassen will. Als die Ajilon-Kolonie der Föderation
von Klingonen angegriffen wird, besteht Jake darauf, Bashir bei dem Rettungseinsatz
zu begleiten. Die USS Ferraget wird Ajilon erst einen Tag später erreichen.
Da das Krankenhaus der ajilonischen Hauptstadt zerstört ist, hat man
die Verletzten in den Untergrund gebracht. Jake ist auf die vielen Verletzten
und Toten nicht vorbereitet. Er hilft dem Pfleger Kirby, die Leute wegzutragen.
Ein Crewmitglied behauptet, von einem klingonischen Disruptor getroffen
worden zu sein. In Wahrheit hat er sich aber selbst in den Fuß geschossen,
um von der Kampflinie in das sichere Rettungslager wegetragen zu werden.
Als die Ferraget von den Klingonen zerstört wird, macht sich Sisko
mit der Defiant auf den Weg.
Die Klingonen zerstören den Hauptgenerator, der das Rettungslager
versorgt. Bashir und Jake wollen einen tragbaren Generator aus dem Shuttle
holen. Auf dem Weg dorthin geraten beide unter Beschuß. Jake rennt
in wilder Panik davon. Er trifft auf einen sterbenden Offizier, dem er
leider nicht helfen kann. Jake kehrt zur Höhle zurück und erfährt
dort, daß Bashir es mit vielen Verletzungen geschafft hat, den Generator
allein zum Kankenlager zu schleppen. Jake spricht mit dem Ensign, der sich
selbst in den Fuß schoß. Der junge Mann macht sich die gleichen
Vorwürfe wie Jake und rechnet damit, vor ein Kriegsgericht gestellt
zu werden. Jake hört, wie das medizinische Personal Witze darüber
macht, welche Art von einem Klingonen getötet zu werden die angenehmste
ist und verliert die Nerven.
Die Klingonen befeuern den Eingang zum Krankenlager. Als sie eindringen,
greift sich Jake einen Phaser und feuert in wilder Panik aus seinem Versteck,
bis der Tunnelgang einstürzt und die Klingonen unter sich begräbt.
Das rettet die Verwundeten der Kolonie.
Kritik:
Über die Moral der Episode muß man nicht lange rätseln.
Sie wurde uns von Jake Sisko am Ende von "Nor the Battle to the Strong"
erklärt: "The line between courage and cowardice is a lot thinner
than most people believe." (Dt.: Der Abstand zwischen Mut und Feigheit
ist bei weitem geringer als die meisten Leute glauben.) Es zeugt immer
ein wenig von einer Kapitulation des Autors, wenn er keinen anderen Weg
findet, als die Aussage seiner Geschichte für den Zuschauer zu verbalisieren.
Hier war es jedoch eine starke, gehaltvolle Aussage, und sie dem Publikum
ausformuliert zu unterbreiten wirkte hier ausnahmsweise nicht unpassend,
da man die ganze Episode über Jakes Stimme aus dem Off gehört
hatte.
Der Beginn von "Nor the Battle to the Strong" erschien ein wenig wie
"Star Trek goes 'Emergency Room'", und natürlich waren einige Kriegsschauplatz-
und Notaufnahmeklischees vertreten, die aber durch die guten Darstellerleistungen
glücklicherweise gemildert wurden. Doch dann wendete sich das Blatt
und das Niveau der Episode stieg. Es gibt wenige Filme oder Serien, die
nicht den klassischen Helden, sondern den "Feigling" in den Mittelpunkt
stellen. "Nor the Battle to the Strong" war eine solche Episode.
Überhaupt ist die Feigheit, oder die Angst, Thema dieser Folge.
Jeder der Figuren hat eine andere Methode, mit seiner Angst fertigzuwerden.
Jeder wird durch die Angst zu einer anderen Reaktion getrieben. Kirby macht
geschmacklose Witze, Jake rennt in zielloser Panik davon, der sterbende
Offizier wird gehässig, während sich ein Ensign gezielt und geplant
mit dem eigenen Phaser in den Fuß schießt, um als Verletzter
ins sichere Krankenlager weggetragen zu werden. Thema der Episode ist auch
die Angst um andere, so Kalandras Angst um ihren Mann oder Siskos Angst
um Jake. Beide unterziehen sich einer Art Beschäftigungstherapie.
Schlüsselaussage der Episode ist tatsächlich, daß Angst
je nach Situation zu einer Reaktion führt, die dann als Heldentat
oder als Feigheit eingestuft werden kann. Ein etwas ähnliches Thema
gab es bereits in der Episode "The Circle" (dt.: Der Kreis), in der der
Bajoraner Li Nalas in Panik einen unbewaffneten Cardassianer niederstreckte
und deswegen als Volksheld verehrt wurde. Auch Li Nalas wurde kaum mit
der Erkenntnis fertig, daß seine große Heldentat nichts weiter
als eine panische Reaktion war.
Es gibt nicht viele Filme oder Serien, in denen die Hauptfigur wirklich
Angst und Feigheit offenbaren darf, ohne deswegen als Unsympath dargestellt
zu werden. Jake bekommt auch vom Drehbuch keine Gelegenheit, seiner panischen
Flucht eine höhere Bedeutung zu geben. "Maybe I ran for a reason"
(dt.: Vielleicht bin ich für einen Zweck davongelaufen), meint er
zum sterbenden Offizier, der jedoch antwortet nur: "Sorry kid, life doesn't
work like that." (Dt.: Tut mir leid Kleiner, das Leben funktioniert so
nicht.)
Die Episode war relativ aufwendig gestaltet, lediglich die Explosionen
wirkten nicht sonderlich überzeugend. Die Sternenflotte wurde hier
etwas arg düster dargestellt, besonders fragwürdig war der Abschnitt
mit dem Ensign, der sich mit seinem Phaser in den Fuß schoß
und der nun eine Kriegsgerichtsverhandlung befürchtet. Vielleicht
war das auch nur eine Überreaktion seinerseits, denn Jake bezweifelt
ja die Sache mit dem Militärgericht und denkt eher, daß man
ihn zu einem Counselor schicken wird. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen,
daß es in der Sternenflotte, die immerhin das Symbol einer weiterentwickelten
Menschheit sein soll, noch immer Kriegsgerichtsverfahren für eine
so menschliche Schwäche gibt. Noch sind wir freilich nicht so weit.
Nach wie vor werden in Deutschland Selbstverletzungen oder Verstümmelungen,
die jemand begeht, um dem Wehrdienst zu entgehen, mit Freiheitsstrafen
bis zu fünf Jahren geahndent. Aber wir leben ja auch nicht in der
Föderation.
Kurz erwähnt wurde in dieser Episode noch mal Odos Problem mit
seiner Menschwerdung. Allerdings wieder recht oberflächlich und eher
im Rahmen einer witzigen Situation. Odo erzählt, daß er die
Treppe herunterfiel, als er einen Falschspieler verfolgen wollte. Als torkalianischer
Riesengeier wollte er dem Täter hinterherfliegen. Statt dessen fiel
er die Treppe hinunter und verstauchte sich das Bein. Gut war bei dieser
Szene nur der Moment, als Odo zu Sisko meinte: "Humanoid bodies are so
fragile!" (Menschliche Körper sind so zerbrechlich.) Das waren freilich
nicht die richtigen Worte an einen besorgten Vater.
Selbstironie zeigte die Episode auch, als man Jakes Erzählerstimme
sagen hört: "I have absolutely no idea what he's talking about. Who
cares about anomalies? People want stories about something they can relate
to." (Dt.: Ich habe absolut keine Ahnung wovon er da redet. Wen interessieren
Anomalien? Die Leute wollen Geschichten über Themen, mit denen sie
was anfangen können.) Wenn das mal keine milde Eigenkritik übers
immer wieder gescholtene Technikkauderwelsch und die vor allem der Serie
"Star Trek - Voyager" immer wieder vorgeworfene "Anomalie der Woche" war...
Die USS Ferraget, die hier erwähnt und zerstört wurde, war
in dem Film "Star Trek - Generations" gezeigt worden. Jake-Darsteller Cirroc
Lofton war kurz vor dieser Episode 18 Jahre alt geworden und durfte daher
erstmals nicht mehr nur sieben, sondern 14 Stunden am Drehort arbeiten. |