Inhalt:
Sisko plant, die Gegner anzugreifen, auch wenn den 1254 Dominionschiffen nur etwa 600 Föderationsschiffe gegenüberstehen. Er hofft, daß er die Cardassianer weglocken kann, damit im Verteidigungsgürtel eine Lücke entsteht.
Dukat durchschaut Siskos Plan. Da er möchte, daß Sisko Zeuge der Deaktivierung der Minen wird, läßt er die Defiant die feindliche Linie durchdringen. Da sich die Verteidigungslinie danach wieder schließt, ist die Defiant nun auf sich allein gestellt.
Auf der Station werden Kira, Jake und Leeta eingesperrt. Quark und Ziyal können die drei befreien und die Energieversorgung zur Waffenphalanx sabotieren. Jedoch zu spät: Als die Defiant die Station erreicht, werden gerade die Minen gesprengt.
Sisko gibt den Befehl, mit der Defiant in das Wurmloch zu fliegen. Plötzlich ist Sisko wieder bei den Wurmloch-Wesen. Sie meinen, daß "der Sisko" nicht sterben dürfe. Er bittet sie, ihm dann zu helfen. Bajor brauche ein Wunder. Plötzlich verschwindet die Dominionflotte.
Sisko greift mit der Defiant die dank Roms Sabotage wehrlose Station an. Weitere Verstärkung ist unterwegs. Weyoun gibt daher den Befehl zur Evakuierung. Dukat ist außer sich und sucht seine Tochter. Sie gibt zu, den Verrätern geholfen zu haben. Als Damar das hört, tötet er Ziyal. Dukat verliert daraufhin seinen Verstand und bleibt auf der Station.
Kritik:
"Sacrifice of Angels" ist eine spektakuläre Episode, mit unglaublicher Action und vielen spannenden Dialogen. Gegen Ende geht alles ein wenig schnell, aber nichtsdestotrotz ist diese Episode ein Highlight der Serie.
Die Raumschlacht ist so ungeheuerlich, daß man kaum mehr Worte findet. Die Kampfszenen sind nicht nur beeindruckend, sie sehen auch in jeder Einstellung hervorragend aus. Die Effekte für diese Episode stammen fast vollständig aus dem Computer und wurden von "Digital Muse" und "Foundation Image" erstellt. Glücklicherweise konnte man auf einige Computermodelle zurückgreifen, die ILM bereits für den Kinofilm "First Contact" erstellt hatte. Obwohl die Effekte-Macher von DS9 nach wie vor eher auf Modellaufnahmen setzen, gab es in dieser Episode nur eine einzige Modellszene, und das war die Defiant, die durchs Wurmloch flog.
Recht dramatisch und wirkungsvoll inszeniert war auch die plötzliche Ermordung von Ziyal und Dukats psychischer Zusammenbruch, der in späteren Episoden noch eine wichtige Rolle spielen sollte. Marc Alaimo bewies wieder einmal, daß er eine enorme Bereicherung für die Serie ist. Seine Arroganz und Selbstherrlichkeit ist immer wieder ein Vergnügen, und als er am Ende als gebrochener Mann in der Gefängniszelle sitzt, gelang es ihm dennoch, Mitleid zu erregen. Ira Steven Behr hatte die Idee, daß Dukat wahnsinnig werden würde. Die Episode "Waltz" (dt.: Der Gute und das Böse) zeigt, wie es mit ihm weitergeht. Eher umstritten war die Auflösung der Episode. Manche Fans hielten das Eingreifen der Propheten für eine zu simple Lösung. Es hagelte Vorwürfe, die dann weniger mit nachvollziehbaren Argumenten als mit Schlagwörtern wie "Deus Ex Machina" begründet wurden.
Als "Deus Ex Machina" bezeichnet man ein aus der Luft gezaubertes, unvorhersehbares und daher "unfaires" Plotelement, mit dem ein Autor die Helden seiner Geschichte aus einer im Grunde unlösbaren Situation befreit. Da die Wurmlochwesen aber seit dem Pilotfilm ein fester Bestandteil der Serie sind, war ihr Eingreifen kaum überraschend. Und da die "Propheten" bereits in der allerersten DS9-Episode zwei cardassianische Schiffe verschwinden ließen, taten sie hier auch nichts, was irgendwie aus dem Rahmen fiel.
Sicher, die Auflösung des Konflikts erschien ein wenig zu einfach. Sie lag aber noch im Bereich des Vertretbaren. Und da die Propheten ja nicht den kompletten Domionkrieg beendet haben, sondern nur das Wurmloch versperrten, hält sich auch das Ausmaß des "Wunders" in vertretbaren Grenzen.
Auf die Frage, warum die Wurmlochwesen jetzt den Bajoranern helfen, während sie bei der Besatzung durch die Cardassianer nicht eingriffen, antwortete Ron Moore schlagfertig, daß Götter wohl oft für Außenstehende nicht nachvollziehbare Eigeninteressen verfolgen, denn genauso könne man fragen, weshalb der Gott der Israeliten sein Volk zwar vor den Ägyptern, aber nicht vor den Nazis errettete.
So mancher Fan stellte sich die Frage, was denn nun eigentlich Siskos ursprünglicher Plan B war, als er ins Wurmloch flog. Die Antwort ist so simpel wie offensichtlich: Sisko hatte keinen Plan B. Es gibt nicht immer einen Plan B, und als Sisko bei der Station ankam und merkte, daß er zu spät war, entschloß er sich, ins Wurmloch zu fliegen, um dort so viele Gegner wie möglich mit Quantentorpedos abzuschießen. Deswegen auch die Bemerkung von Dax. "One ship against an entire fleet? That's a hell of a plan B!" (Dt.: Ein Schiff gegen eine ganze Flotte? Das ist ja ein toller Plan B.) Das war einfach nur ein ironischer Kommentar, weil Sisko wortlos zugegeben hatte, eben keinen Plan B zu haben.
Rätselhaft gaben sich wie immer die "Propheten". Was meinten sie damit, als sie sagten, Sisko würde auf Bajor keinen Frieden finden und sein Schicksal würde ihn in eine andere Richtung leiten? ("The Sisko is of Bajor, but he will find no rest there." - dt.: Sisko ist von Bajor, aber er wird dort keine Ruhe finden.) Welche Strafe haben die Wurmlochwesen Sisko auferlegt? Die Vermutung vieler Fans, Sisko könne am Ende der Serie sterben, halte ich für nicht wahrscheinlich, da Ira Steven Behr offenbar immer noch nicht die Hoffnung auf einen DS9-Kinofilm aufgegeben hat. Da wäre der Tod der Hauptfigur zum Ende der Serie sicher wenig förderlich. Die angekündigte Strafe dürfte also etwas anderes sein. Abgesehen davon traue ich den Autoren von DS9 ohnehin ein wenig mehr Phantasie zu. Es wäre doch ziemlich witzlos, wenn sich Siskos "Sühne" nur als Verkürzung seiner Lebenszeit entpuppen sollte.
Unklar ist noch immer, auf was sich letztlich der Titel bezog! Welche Engel wurden hier geopfert? Selbst wenn damit Ziyal gemeint sein sollte, so wurde sie nicht geopfert, sondern schlicht von Damar getötet. War damit Siskos "Plan B" gemeint, als er seine Crew in eine Selbstmordmission schickte, um wenigstens einen Teil der feindlichen Flotte zu zerstören?
Der beste Satz blieb Damar vorbehalten. Als er Kira und ihre Freunde festnimmt, meint er: "You have nothing to hide, do you?" Als dann Leeta an ihm vorbeigeht, fügt er hinzu: "You certainly don't." (dt.: Sie haben nichts zu verstecken, oder? Sie ganz sicher nicht.) Damar ist eine bei den Fans sehr beliebte Figur, und es ist erfreulich, daß sich Damar-Darsteller Casey Biggs auch weiterhin zu der großen Schar wiederkehrender Gaststars in DS9 zählen darf.
Da in dieser Episode der sogenannte "Rückeroberungs-Arc" endet, stellt sich zugleich die Frage, wie das Experiment mit dieser für Star Trek ungewöhnlichen Erzählform letztlich zu bewerten ist.
Zunächst muß man feststellen, daß die Episoden innerhalb von DS9 längst so verwoben und miteinander verstrickt sind, daß ein so großer Unterschied zu früheren Episoden gar nicht feststellbar ist. Allein die nachfolgende Episode "You are Cordially Invited..." (dt.: Klingonische Tradition) führt so viele Handlungselemente aus "Sacrifice of Angels" fort, daß man schon fast den Eindruck bekommt, all das Gerade um den Sechsteiler sei nur eine Augenwischerei für die Bosse bei Paramount gewesen, um ihnen einzureden, diese Art von Kontinuität sei bei Star Trek noch immer die Ausnahme und nicht die Regel.
Paramount hat immer ein wenig Bedenken, wenn die Autoren bei Star Trek eine durchgängige Handlung einführen wollen. Die Verantwortlichen haben Angst, dadurch vielleicht Zuschauer zu verlieren, die Star Trek nur sporadisch verfolgen und dann der Handlung nicht mehr folgen können.
Jeder Serienfan weiß, daß es zwei unterschiedliche Serienformate gibt. Da gibt es Serien, die jede Woche eine mehr oder weniger in sich abgeschlossene Geschichte erzählen, und Serien, die eine fortlaufende Handlung haben. Dem ersten Serienkonzept folgen in der Regel Sitcoms, Krimis und Actionserien. Das zweite Serienkonzept findet man in der Regel bei Daily- bzw. auch "Weekly"- Soaps.
Beide Konzepte haben aus der Sicht von TV-Produzenten Vor- und Nachteile. Bei in sich abgeschlossenen Episoden wird der Zuschauer sich nicht bemühen, jede Episode zu verfolgen, bei durchgängigen Stories werden Neueinsteiger oder sogenannte "sporadische" Zuschauer vielleicht abgeschreckt.
Daher wird vielfach versucht, beide Formate unter einen Hut zu bringen. Bei diesem "Mischkonzept" werden in sich abgeschlossene Episoden durch eine "Rahmenhandlung" verbunden. Gerade im Bereich der SF folgen viele Serien mehr oder weniger diesem Konzept, man denke nur an "Akte X", "Babylon 5", "Earth 2" oder "Space 2063", und spätestens seit DS9 freilich auch Star Trek.
Dieses Konzept ist nicht unproblematisch. Konzentrieren sich die Macher der Serie in erster Linie auf die Ausarbeitung der Figuren und auf die einzelne Episode, ist eine Rahmenhandlung zweifellos eine Bereicherung. Liegt das Hauptaugenmerk aber auf dem "Arc", passiert es schnell, daß die Vernetzung interessanter Hintergrundplots zwar für einige unglaublich fesselnde Schlüsselepisoden sorgt, daß aber die vielen für die Haupthandlung irrelevanten "Füll-Episoden" nur uninteressante und daher langweilige Stories erzählen.
Es kommt also darauf an, wie die Autoren kreativ vorgehen. Entwerfen sie erst eine Rahmenhandlung und überlegen sie sich dann, wie diese Handlung durch Füllepisoden möglichst weit gestreckt werden kann, haben wir genau den gerade beschriebenen Effekt: Eine Staffel läßt sich auf wenige interessante Episoden-Highlights reduzieren, der Rest wird von dem Zuschauer in der Regel als ärgerlicher Ballast empfunden, meist furchtbar ereignislos, mit einer uninspiriert verfaßten Geschichte und witzlosen Gastfiguren.
Die DS9-Autoren machen es genau anders herum und daher richtig: Sie überlegen sich erst die Handlung für eine möglichst interessante, originelle und spannende Einzelepisode, und dann denken sie darüber nach, wie das ganze in die Hintergrundstory, die zusätzlich erzählt werden soll, eingepaßt werden kann. Dank dieses Vorgehens war der "Sechsteiler" ein voller Erfolg. Der Story-Aufbau funktionierte sowohl innerhalb der einzelnen Episode als auch innerhalb der Rahmenhandlung.
So reizvoll das erste Viertel der sechsten Staffel von DS9 war, so ist doch die Kontinuität von DS9, zweifellos die große Stärke dieser Serie, zugleich ein Schwachpunkt. Denn Kontinuität schränkt natürlich zugleich die Möglichkeiten der Autoren ein. Vor dem Hintergrund eines großen Krieges kann nicht mehr jede Geschichte erzählt werden. Ein Abwechslungsreichtum wie zu den Zeiten von TNG ist längst nicht mehr möglich. Das Experiment "durchgängige Handlung" mag sich als für Star Trek neu und interessant erwiesen haben, die größte Stärke von Star Trek war und ist aber der verblüffende Abwechslungsreichtum. Allein der Umstand, daß die Qualität der sechsten Staffel nach dem "Rückeroberungsarc" anstieg, sollte den Autoren als Indiz genügen, um dem bewährtem Konzept von Star Trek treu zu bleiben. Der Sechsteiler war eine erfreuliche Angelegenheit, als Dauerzustand ist er wohl dennoch nicht wünschenswert.
|