Star Trek - The Next Generation: 3
"The Naked Now" (Gedankengift)

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Staffel1
1: "Encounter..."
4: "Code of..."
US-Erstsendung:
9.10.1987

ZDF-Erstsendung:
21.9.1990

Regie:
Paul Lynch

Drehbuch:
J. Michael Bingham

Story:
John D.F. Black
J. Michael Bingham

Gaststars:

Brooke Bundy
als MacDougal

Benjamin W. S. Lum
als Jim Shimoda

Michael Rider
als Transporterchef

David Rennan
als Conn

Inhalt:

SzenenbildDie Enterprise untersucht seltsame Nachrichten von der Tsiolkovsky, einem Forschungsschiff, das einen sterbenden Stern beobachtete. Ein Außenteam findet spuren einer wilden Party und allerlei unverantwortlichen Benehmens; die ganze Besatzung starb letztlich, weil jemand eine Luke öffnete und das Schiffsinnere dem Weltall aussetzte.

Bald breitet sich auch auf der Enterprise eine Infektion aus. Leute benehmen sich ganz so, als seien sie schwer betrunken. Sie verlieren ihr Urteilsvermögen, und ihre Wünsche kommen zum Vorschein. Wesley missbraucht sein technisches Können, um die Kontrolle über das Schiff an sich zu reißen; derweil zerlegt ein Ingenieur die Systeme, so dass das Schiff nicht mehr gesteuert werden kann.

Die Situation spitzt sich zu: Der sterbende Stern, den die Tsiolkovsky untersuchte, geht endgültig unter und schleudert eine große Masse der Enterprise entgegen. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt. Beverly Crusher entwickelt ein Antidot gegen die Infektion, bevor sie selbst erliegt; Riker und der Chefingenieur versuchen, Wesley zum Trotz an die Schiffssysteme zu kommen; und anschließend muss Data seine besondere Fertigkeit einsetzen, um die zerlegten Systeme in letzter Sekunde wieder zusammenzubauen. Wesley schenkt dem Schiff die entscheidenden Sekunden, indem er einen veränderten Traktorstrahl benützt, um die Tsiolkovsky in Richtung der nahenden Masse und die Enterprise in die entgegengesetzt Richtung zu stoßen.

Kommentar

"The Naked Now" ist zugleich Fortsetzung und Remake der Episode "The Naked Time" (dt.: Implosion in der Spirale) aus der Classic-Serie. Dies ist insofern bezeichnend für die erste reguläre Episode der "Next Generation", als dass man das auch von der Serie als Ganzem behaupten darf: Erzählerisch gesehen, handelte es sich um eine Fortsetzung der inzwischen beinahe vierzigjährigen Serie "Star Trek" – es war aber zugleich der Versuch des Erfinders Gene Roddenberry, das gleiche noch mal und besser zu machen.

Die Handlung an sich ist nicht von besonderem Interesse; sie ist größtenteils vorhersehbar und oft langweilig. Beispielsweise dauert es viel zu lange, bis die Infektion an Bord der Enterprise entdeckt wird, und selbst dann will offenbar niemand Vorsichtsmaßnahmen dagegen ergreifen.

Doch die Episode hat löbliche Absichten. Sie ist sorgfältig konstruiert, um sich auf die Eigenheiten der neuen Serie beziehen zu können – auf die Eigenheiten sowohl der Figuren als auch ihrer Umgebung. Beispielsweise entspringt die Gefahr der Handlung nicht direkt einem äußeren Einfluss, sondern den üblicherweise versteckten Wünschen der Figuren, die nun zum Vorschein kommen. Wesleys Frustration darob, auf dem Schiff keine bedeutendere Rolle spielen zu können – bereits im Pilotfilm angedeutet – lässt hier die Katastrophe entstehen. Sowohl die Katastrophe wie auch deren Lösung ist mit Wesleys besonderen Fähigkeiten verknüpft, ebenso mit den jenen von Data. Wir sehen erneut Picards Unwohlsein im Umgang mit dem Kind, mit dem er hier nun plötzlich verhandeln muss. Ebenso zieht es Troi zu Riker, nachdem sie infiziert wurde. (Und, nebenbei erwähnt, sie nennt Riker "Bill", was eine übliche Abkürzung für William ist, anstelle des später üblichen "Will".) Die vergangene Liebesbeziehung von Troi und Riker war ein Pfeiler des frühen Serienkonzeptes, ebenso die Anziehung zwischen Beverly und Picard.

Alles in allem ist die Handlung also darum bemüht, das wenige, was über die Figuren bekannt war, irgendwie zu verwenden. Das lässt sich von den Figuren auf die Serie ausdehnen. Ihr spezielles Merkmal war die Tatsache, dass sie einer älteren und gut bekannten Serie nachfolgte: Also wird dieses Fakt in die Handlung eingebaut in Form eines Bezugs auf den Vorgänger.

Besonders die Tugend, die Handlungen an die Figuren zu binden, war in den späteren Jahren ein Merkmal der "Next Generation". Tatsächlich war dies die erklärte Absicht von Michael Piller, der während der dritten Season die Leitung der Autoren übernahm. Ich glaube nun nicht, dass die späteren Qualitäten der Serie tatsächlich hier ihren Anfang hatten. Zuvor wechselten die Autoren oft, und "The Naked Now" zeigt dieselben Qualitäten vermutlich bloß aus Zufall. Und doch erkennt man rückblickend eine Richtung.

Bemerkenswertes

Das Forschungsschiff trägt den Namen Tsiolkovsky, basierend auf dem russischen Physiker Konstantin Eduardovich Tsiolkovsky (1857-1935). Er begann 1903 mit der Veröffentlichung einer Reihe von Artikeln in einem Journal über die Luftfahrt und beschäftigte sich gründlich mit der Raumfahrt. Dabei zog er bereits die Möglichkeit einer Raumstation in Betracht, ebenso die Kolonisierung des Sonnensystems.

Data spielt mit einem Shakespeare Zitat, als er Picard erklären will, sie seien sich ähnlicher, als man denke: "If you prick us, do we not... leak?" – Eine Anspielung an "If you prick us, do we not bleed?" aus "Der Kaufmann von Venedig".

Nitpicking

Als Riker und Data die Information über Kirks Enterprise abrufen, wird auf dem Computer das falsche Schiff dargestellt, nämlich jenes aus den Kinofilmen anstelle desjenigen aus der Classic-Serie.

Tasha erwähnt "Geschäfte" an Bord der Enterprise. Dies ist eine etwas seltsame Vorstellung, da sie später in der Serie nie gezeigt wurden, während alle Notwendigkeiten des täglichen Lebens aus Replikatoren bezogen wurden. Zudem verbinden wir Geschäfte mit Geld, und dieses gibt es in der Föderation offenbar nicht mehr, wie in der Serie später noch betont wird. Dies alles ist eine weitere Erinnerung daran, dass wir es in den frühen Episoden der Serie mit einem noch ungeformten Universum zu tun haben.

Ein wenig Physik. Wesley lässt mit seinem Traktorstrahl einen Stuhl umherfliegen. Er müsste das Gerät fester in den Händen halten: Wenn das Gerät, das Wesley in den Händen hält, den Stuhl packt und in die Höhe hebt, dann wirkt auf Wesleys Hand eine Kraft, die gleich groß und entgegengesetzt ist zum Gewicht des Stuhls (plus eine beachtliche Hebelwirkung). Bei ihm sieht es so aus, als würde er für den Stuhl die Schwerkraft aufheben. Aber vermutlich gibt es dafür eine einleuchtende Erklärung, die irgendwie mit Subraum zu tun hat. (Doch wie schade, dass dieser Fehler ausgerechnet in jener Episode geschieht, die den feinen Unterschied macht zwischen "ins All gesogen" und "ins All geblasen".)

Zitate

Vielleicht das beste Zitate in der Episode geht von Worf zu Data und bezieht sich auf Menschen: "I don't understand their humor either."

Die späteren Szenen zwischen Beverly und Picard sind allesamt sehr komisch. Heute vermutlich komischer als vor fünfzehn Jahren, da wir die Figuren bereits kennen, was ihr abwegiges Verhalten noch abwegiger macht. So die infizierte Beverly zu Picard: "Of course we haven't time for that sort of thing!"
Picard: "What sort of thing?"
Beverly: "Oh, God, would I like to show you!"
Die Erwähnung von "Gott", auch als Ausruf, wirkt in "Star Trek" natürlich immer ein wenig deplaziert – hier ebenso wie zehn Jahre später bei Sisko in "Star Trek: Deep Space Nine".

Der unnatürlichste Satz der Episode kommt von der Chefingenieurin, die ihrem Assistenten, aber in Wahrheit natürlich den Zuschauern, einen wichtigen Punkt der Handlung klar machen muss. Mit aller Kraft und ohne Grazie: "These are control chips!"

Und selbstredend Picard am Ende: "I put it to you all... I think we shall end up with a fine crew."

Einschaltquoten (von Martin Seebacher)

Die erste reguläre Folge von TNG verlor in den USA gegenüber dem Pilotfilm deutlich und erreichte den 3. Platz in den Syndication Charts bei einem immer noch sehr gutem Rating von 11.5.

In Deutschland konnte die dritte gesendete Folge gegenüber dem zweiten Teil des Pilotfilms wieder zulegen und erreichte immerhin 3,33 (2,77/3,89) Mio. Zuschauer.

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Letztes Update:
13. Januar 2002

©2002 Rafael Scholl.