Inhalt:
Die Enterprise muss Delegationen von zwei verfeindeten Völkern zum Planeten Parliament bringen. Nebenbei untersucht das Schiff eine Wolke, in der eine intelligente Lebensform "mitgeschleppt" wird. Diese springt von Person zu Person in der Absicht, zu ihrer Wolke zurückzukehren. Während sie dies tut, verursacht sie Zwischenfälle, die zum Teil den Eindruck erwecken, von den verfeindeten Delegationen verursacht worden zu sein. Als die Lebensform in Picard landet, hat sie endlich die Autorität, das Schiff zu jener Wolke zurückkehren zu lassen. Dort angekommen, entschließt sich Picard, bei dem fremden Bewusstsein zu bleiben; die Kombination erweist sich in der Wolke allerdings als unmöglich, Picards Bewusstsein wird "abgestoßen". Die Crew kann jedoch die Daten verwenden, die noch im Transporter gespeichert sind, um Picard wieder zurückzuholen.
Kommentar
Die Auflösung dieser Episode ist gefährlich: Sie deutet an, dass eine Person, die eigentlich gar nicht mehr existiert, mit Hilfe des Transporters neu erschaffen werden kann. Wie weit geht das? Kann eine Person wieder erschaffen werden, die während einer Außenmission starb? Die Episode scheint anzudeuten, es habe alles irgendwie damit zu tun, dass Picards Bewusstsein noch immer als "Energiewesen" umher schwirrt (wie kam es eigentlich je zu dieser Form?), aber es bleibt ein Nachgeschmack von Willkür.
Dennoch mag ich "Lonely Among Us" sehr: Es ist eine polierte und oft stimmungsvolle Episode. Die Handlung interessiert mich weniger als die Ruhe, mit der sie uns in vielen kleinen Momenten die Figuren und die Serie etwas näher bringt: In fast jeder Szene finde ich etwas, was für eine Figur typisch ist. Die Episode ist wie ein kurzweiliges Schaufenster, in dem ich die Figuren besser kennen lerne. Besonders hervorgehoben wird Datas Freude daran, neue Interessen auszuleben, was noch oft eine Rolle spielen wird mit dem Unterschied, dass Data seine kindlicheren Züge besser beherrschen lernt und in "A Fistful of Datas" (dt.: Eine Handvoll Datas) beispielsweise nicht mit einem Cowboy Hut zum Dienst erscheint.
Gegen Ende der Episode berichtet Picard auf der Brücke von der Reise der Lebensform, von der er nun besessen wird. Was hier bereits durchdringt, ist Patrick Stewarts grosses Talent als Erzähler und damit ein Echo der Episode "Darmok" aus der fünften Season.
Roddenberrys Philosophie wird in dieser Episode wieder von Picard vertreten, der sich darüber wundert, dass sich die Leute auf der Erde über Dinge wie Brauchtum, Gottesbilder oder wirtschaftliche Systeme streiten und bekriegen konnten. Letzteres war 1987 selbstverständlich ein hochaktuelles Thema, als der Kalte Krieg zwischen den kapitalistischen Vereinigten Staaten und der sozialistischen Sowjetunion noch andauerte. Roddenberry hielt diesen Konflikt ganz offensichtlich für fragwürdig und ergriff auch keineswegs die Seite seiner Nation. Vielmehr wollte er die erz-kapitalistischen Ferengi zu einem Hauptfeind der Serie machen und bezog damit eine kritische Haltung.
Man muss den Hintergrund des Kalten Krieges auch im Bewusstsein haben, wenn man einen der Sätze beurteilt, den die Aliens in dieser Episode sagen. Wiederum stehen sie gewissermassen stellvertretend für die unreife Menschheit (wie die Ferengi in "The Last Outpost" (dt.: Der Wächter)): Eine Seite bemerkt, sie würde einen Konflikt nicht beginnen, ihn aber sicherlich beenden. Dies ist genau die Art von Gerede, die man oft zu hören bekam im Bezug auf die Macht der nuklearen Waffen der USA.
Bemerkenswertes
Der Chefingenieur Argyle, den wir in "Where No One Has Gone Before" sahen, wird hier erneut erwähnt, ist aber nicht zu sehen.
Riker findet, Picard klinge ein wenig wie ein Privatdetektiv und teilt dies dem Captain auch mit. Dieses Bild wird wieder aufgenommen in "The Big Goodbye", der ersten großen Holodeck-Episode der Serie, in der Picard in die Persönlichkeit einer erfundenen Romanfigur schlüpft: Dixon Hill, Privatdetektiv.
Die Aliens in dieser Episode tragen dicke Masken (im Stil von "Star Wars"), die in dieser Form nach und nach aus der Serie verschwinden werden. Die Absicht hinter weniger aufdringlichem Make Up ist es, den Darstellern mehr Freiheit zu geben und das Menschliche der Figuren hervorzuheben. Das macht Sinn, da die Aliens in Star Trek meistens die Aufgabe haben, eine Facette der Menschheit hervorzuheben.
Colm Meaney ist nach dem Pilotfilm ein zweites Mal zu sehen, trägt aber noch immer nicht das Kostüm, das zu seiner späteren Figur passt, Transporterchief O'Brien.
Wir sehen erstmals, oder jedenfalls erstmals ganz bewusst, Picards Fisch, der den Namen "Livingstone" erhielt nach dem Produzenten und späteren Regisseur David Livingston.
Die Ferengi werden noch einmal als Bedrohung und Hauptfeind genannt, eine Vorstellung, die in der Serie letztlich aber nie verwirklicht wird.
In einer Szene ist hinter Troi ein Modell des Shuttles zu sehen, das in der TOS Episode "The Galileo Seven" verwendet wurde. Hinter Beverly steht in der gleichen Szene ein Modell der Enterprise aus den Kinofilmen.
Nitpicks
Es leuchtet mir (als medizinisch interessiertem Kopf) nicht ein, weshalb Picard, als er von einer fremden Intelligenz besessen wird, plötzlich mit Echo und Bass sprechen kann!
Zitate
Data, in Hochform als Sherlock Holmes, kommentiert Yars Aussage, man habe von den verdächtigten Aliens nichts erfahren können: "Imprecise, Lieutenant. They omitted certain truths, which in itself tells us something." Ebenso: "Indubitably, my good woman."
Ein Austausch zwischen Riker und Data bietet sich geradezu für den Englischunterricht an. Riker: "Sherlock Holmes... indubitably, Data has been studying him." Data: "Has studied, Sir. Every case." Die Feinheit besteht darin, dass "has been studying" eine fortlaufende Beschäftigung andeutet (past perfect continuous), also etwas, was noch nicht abgeschlossen ist. Data hat jedoch dank seiner besonderen Fähigkeiten bereits alles über Sherlock Holmes gelesen, und der Vorgang liegt damit in der Vergangenheit: "has studied" (past perfect).
Data über die Aliens, die einmal mehr Gene Roddenberrys Bild von der unreifen Menschheit repräsentieren: "Given the choice, they would rather kill each other than any of us. Its elementary, my dear Riker. Sir."
Picard: "Data, let's proceed without the pipe."
Quoten (von Martin Seebacher)
Die erste Folge der Nocember Sweeps von 1987 brachte ein sehr gutes 12.1 Rating das beste Rating seit dem Pilot und Platz 3 in den amerikanischen Syndication-Charts.
Das ZDF hatte mit der Folge weniger Glück - bei 2,84 Mio. Zuschauern lieferte "Lonely Among Us" das bis zu diesem Zeitpunkt zweitschlechteste Ergebnis der Serie für den Mainzer Sender.
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