Star Trek - The Next Generation: 62
"A Matter of Perspective" (Riker unter Verdacht)

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Staffel3
61: "Déjà Q"
63: "Yesterday..."
US-Erstsendung:
10.2.1990

ZDF-Erstsendung:
23.10.1992

Regie:
Cliff Bole

Drehbuch:
Ed Zuckerman

Gaststars:
Craig Richard Nelson
als Krag

Gina Hecht
als Manua Apgar

Mark Margolis
als Dr. Nel Apgar

Colm Meaney
als O'Brien

Juli Donald
als Tayna

Inhalt:

SzenenbildRiker besucht mit Geordi eine Wissenschaftsstation, wo Dr. Nel Apgar über seine Fortschritte bei Versuchen an Kriegerwellen berichten soll. Manua, die Frau des Wissenschaftlers, versucht Riker zu verführen. Als ihr Mann die beiden überrascht, ist er sehr ungehalten und droht Riker, die Angelegenheit Captain Picard zu melden.

Als Riker am nächsten Tag auf die Enterprise beamt, explodiert die Station. Der Wissenschaftler kommt dabei ums Leben. Seine Frau und die Assistentin waren zu dieser Zeit auf dem Planeten Tanugan. Von dort kommt Inspektor Krag, der Riker wegen Mordverdachts festnehmen will. Er weiß, dass sich Dr. Apgar und Riker gestritten haben, und als Riker auf die Enterprise beamte, wurde ein Energiestrahl aufgezeichnet, der von Rikers Position in Richtung Apgar abgefeuert wurde. Offenbar hatte Riker versucht, Apgar mit einem Phaser zu ermorden, dabei aber die Station zur Explosion gebracht.

Picard kann Krag überreden, Riker zur weiteren Untersuchung der Angelegenheit auf der Enterprise zu lassen. Tückischerweise müssen auf Tanugan die Beschuldigten ihre Unschuld beweisen. Man möchte das Holodeck benutzen, um die tatsächlichen Vorgänge anhand der Zeugenaussagen zu veranschaulichen. Leider belasten die Versionen von Apgars Frau und der wissenschaftlichen Assistentin Riker schwer.

Unterdessen untersuchen LaForge und Data ein seltsames Strahlenphänomen auf der Enterprise. In regelmäßigen Abständen gibt es Energieentladungen, die sich als Kriegerwellen herausstellen. Diese stammen von dem Lambdafeld-Generator auf dem Planeten, der noch immer eingeschaltet ist. Diese Wellen wurden von einem Gerät im Labor von Dr. Apgar gebündelt. Bei der exakten Wiedergabe des Labors wurden diese Wellen nun im Holodeck auf der Enterprise gebündelt und richteten regelmäßig Schäden an.

Daraus können Data und Geordi schließen, dass Dr. Apgar keineswegs noch an den Wellen arbeitete, er war mit seinen Forschungen am Ende, wollte aber offenbar mit seiner Entdeckung eine Waffe entwickeln und diese an andere Völker verkaufen, um mit seiner Erfindung reich zu werden. Er hatte Riker unter Verdacht, dies entdeckt zu haben, also hatte er sich entschlossen, den ersten Offizier der Enterprise zu ermorden. Er wollte mit Hilfe des Generators Rikers Beamtransport stören und es wie einen Transporterunfall aussehen lassen. Mit Hilfe der Kriegerwellen auf dem Holodeck kann man diesen Vorgang wiederholen. Es zeigt sich, dass der Strahl aus Kriegerwellen am Transporterstrahl abprallt, wodurch die Sensoren melden, es sei eine Energieladung aus Rikers Position abgefeuert worden. Dieser fehlgeleitete Strahl vernichtete das Labor. Krag ist von dieser Demonstration überzeugt und lässt die Anschuldigungen fallen.

Kommentar:

"A Matter of Perspective" ist der Versuch, mit futuristischen Mitteln einen Krimi zu erzählen. Darin ist die Episode durchaus einfallsreich und erfolgreich. Mit dem Holodeck wurde eine clevere Methode gefunden, nicht nur die Zeugenaussagen zu veranschaulichen, sondern auch in einer Simulation den tatsächlichen Ablauf des Tathergangs zu rekonstruieren. Mordmotiv, Mordwaffe, Aufklärung... alles ist eng mit futuristischen Elementen verknüpft. Der Fall ist durchaus knifflig, ein unaufmerksamer Zuschauer wird kaum verstehen, wie es sich genau abgespielt hat.

Dennoch schleppt sich die Episode etwas mühselig dahin, was vor allem an den unterschiedlichen Variationen der Zeugenaussagen liegt, die reichlich witzlos sind. Hierfür war das Holodeck vielleicht doch nicht so optimal geeignet, in einer subjektiven Darstellung der Aussagen hätte man vielleicht mehr mit Übertreibungen arbeiten können, welche die verschiedenen Varianten witziger und dadurch kurzweiliger gemacht hätten. Auch war zu Beginn nicht ganz klar, wozu man überhaupt den Aufwand betrieb, die Aussagen durch das Holodeck zu veranschaulichen, da sie nichts enthielten, was man nicht auch hätte mündlich erörtern können. Natürlich war das Holodeck später notwendig, damit durch die nachgebildete Spiegelkonstruktion die Strahlen des Lambdafeld-Generators gebündelt werden konnten, wodurch man Rikers Unschuld beweisen konnte.

Ein bisschen störend wirkte auch, dass die Figuren hier ein wenig neben sich standen. Deanna Troi, die sonst stets Kommentare über die Aussagen anderer macht, betont nie, dass Riker die Wahrheit sagt, obwohl sie dazu in der Lage sein müsste. Picard wirkt merkwürdig verschlossen, unklar bleibt auch seine Rolle in der ganzen Angelegenheit. Zu Riker meint er, es wäre unangebracht, mit ihm zu sprechen. Warum? Er ist es nicht, der über die Auslieferung von Riker entscheidet, es ist Inspektor Krag. Picard hat von Anfang an eingeräumt, Riker auszuliefern, wenn Krag nach der Untersuchung noch immer darauf besteht. Dann ist Picards Rolle aber eher so etwas wie ein Berater von Riker, weshalb es sehr wohl wichtig wäre, mit ihm die Fakten durchzugehen. Es gibt keinen Grund, sich neutral zu verhalten. Alle anderen Figuren wirken merkwürdig verlegen, so als würden sie wirklich für möglich halten, die Anschuldigungen seien wahr, während sich Riker sichtlich alleingelassen fühlt.

Insgesamt hat man in vielen Bereichen versucht, die Dramatik der Episode aufzubauschen, was der Folge eher geschadet hat. Eine ruhige und sachliche Erörterung der Vorkommnisse wäre auch nicht langweiliger, dafür aber ein wenig sinnvoller gewesen. So aber musste natürlich Krag einen Beweis von Rikers Unschuld fordern, während Picard und der Rest der Besatzung fortwährend zweifelnde Mienen aufsetzten.

Klassisch für die Probleme der Episode ist der sehr unterhaltsame Teaser. Picard malt ein Gemälde, und Data zerfleischt es, indem er offen aufzählt, welche Stilrichtungen Picard wild vermischt hat. Es ist komisch und clever, aber... Picard malt? Seit wann das? (Da wir nie wieder sehen, das Picard einen Pinsel in die Hand nimmt, haben Datas Äußerungen ihn offenbar doch schwer getroffen.) Den gleichen Eindruck hinterlässt die Episode. Das, was man sieht, ist weder dumm noch geistlos, im Gegenteil, es wirkt nur ein wenig wie aus einer anderen Serie, weil die Figuren sich sehr merkwürdig verhalten.

Juristische Details:

Es ist immer wieder schön, wenn Nichtjuristen Geschichten über Juristisches schreiben. Inzwischen lässt man aber auch hin und wieder Leute Drehbücher schreiben, die zuvor Jura studiert haben, es soll hier Personen geben, die dabei recht erfolgreich sind.

1. Unschuldsvermutung

Was ist das doch für ein Planet. Da muss man doch prompt seine Unschuld beweisen, wo doch jeder weiß, dass man unschuldig ist, bis die Schuld bewiesen ist. Auch Picard äußert diesen Grundsatz, zu dumm nur, dass er sich in der Episode gar nicht auswirkt! Der Grundsatz besagt nämlich, dass man bis zur rechtskräftigen Verurteilung unschuldig ist. Das ist ein großer Unterschied. Selbst wenn die Schuld feststeht, selbst wenn jemand Millionen Zeugen hat und die Tat gesteht, gilt er bis zum Richterspruch als unschuldig. Diese Schuld wiederum gilt als erwiesen, wenn der Richter (bzw. die Geschworenen) von der Schuld überzeugt sind. Hier aber haben Richter (und Geschworene) eine sehr freie Hand, es gibt weder einen gesetzlich verankerten "in dubio pro reo"-Grundsatz noch klare Regeln, wann denn Richter oder Geschworene zu dieser Überzeugung gelangen dürfen. Sie dürfen nämlich nur nicht entgegen ihrer Überzeugung einen Angeklagten schuldig sprechen. Letztlich kann es einem aber als Angeklagter fast schon egal sein, ob er nun bis zur Urteilsverkündung als schuldig oder als unschuldig gilt.

2. Festnahmen

Picard tut so, als wäre es Unrecht, Riker festzunehmen, solange seine Schuld nicht bewiesen sei. Erneut beruft er sich auf die Unschuldsvermutung, die hier aber gar nichts zu tun hat. Eine solche Einstellung würde die Zahl erfolgreicher Festnahmen nämlich drastisch einschränken, müsste man doch schon bei der Festnahme das leisten, was nicht selten erst in wochenlangen Verhandlungen gelingt; man müsste den Beweis der Schuld erbringen. Für eine Festnahme genügt aber ein begründeter Tatverdacht, und den kann – in Deutschland wie in den USA – ein Beschuldigter nur entkräften, wenn er tatsächlich beweist, dass er unschuldig ist. Von einer Umkehr der Unschuldsvermutung kann also hier gar keine Rede sein. Es ist ja nicht so, dass Krag einfach wahllos jemanden festnimmt und meint: "Nun sieh mal zu, wie du deine Unschuld beweist." Hier hatte Krag sehr wohl hinreichenden Tatverdacht. Die Sensorenaufzeichnungen bestätigten, dass von Rikers Position eine Energieladung ausging, und mehrere Zeugen bestätigten, dass Riker und der Tote gestritten hatten. Mehr wäre auch auf der Erde nicht notwendig, um jemanden festzunehmen.

3. Hörensagen

Immerhin, es rief in der ganzen Episode niemand "Einspruch!", das ist doch schon was, und das meine ich ernst. Doch einmal wendet Picard ein, die Aussage der Assistentin sei nicht verwertbar, weil dies "Hörensagen" sei. Das berühmte Hörensagen, da schnalzt auch in Deutschland jeder Laie beeindruckt mit der Zunge. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Aussagen vom "Hörensagen" nicht verwertet werden dürfen. Leider ist das schlichtweg falsch, eine solche generelle Regel existiert nicht und hat nie existiert. In den USA gibt es bestimmte Einschränkungen bei Geschworenenprozessen, mit einer unüberschaubaren Reihe von Ausnahmen. Hier aber sind wir davon weit entfernt, wir haben nämlich weder Geschworene, noch haben wir einen Prozess, es wird nur geprüft, ob gegen Riker Anklage erhoben werden soll. Es laufen Ermittlungen, und da werden natürlich auch Informationen übers Hörensagen gesammelt, allein schon um den Wahrheitsgehalt einzelner Aussagen zu prüfen. Zumindest bleibt es erstaunlich, wenn sich Picard bei einem Alienvolk während einer Anhörung auf diese sehr amerikanische Prozess-Regel beruft und dabei so tut, als sei sie ein allgemeingültiger Grundsatz, was sie nun definitiv nicht ist. (Richtig wäre es gewesen, wenn Picard lediglich darauf hingewiesen hätte, dass es sich bei den dargestellten Szenen um schlichtes Hören-Sagen handelt, um den Szenen wenig Beweiskraft zuzubilligen!)

Hintergrund:

Michael Piller über diese Folge: "Ich war mit dem Drehbuch sehr, sehr zufrieden, aber die Folge selbst war enttäuschend. (...) Sie war sehr ehrgeizig, aber viel zu kompliziert. (...) Jedes Detail fügt sich zusammen, jeder Satz erläutert, wer wo wann was getan hat, und vom Krimistandpunkt funktioniert die Folge auch sehr gut. (...) Es ist alles sehr kompliziert, aber selbst wenn man das Drehbuch auseinander nimmt, ergibt immer noch alles Sinn. Wir sollten dafür den Edgar-Allan-Poe-Preis für den besten Krimi bekommen. Ich habe schon an einigen Krimiserien mitgearbeitet, aber ich bin sehr stolz auf dieses Drehbuch. Leider war es als Fernsehfolge nicht so toll." (Gross & Altmann: Captain's Logbuch)

Nitpicking:

Warum wurden Geordis Beobachtungen nicht auch verwertet? Er wird nie als Zeuge vernommen.

Es erscheint wenig glaubhaft, dass die Rekonstruktion des Holodecks derart exakt ist, dass man rein zufällig das Gerät nachgebaut hat, das die Strahlen von dem Generator zu Kriegerwellen bündelt, und das, obwohl man noch nicht einmal weiß, dass ein solches Gerät existiert.

Hätte Riker, wenn er kurz vor dem Beamen einen Phaser abgefeuert hat, diesen nicht in der Hand halten müssen, als er auf die Enterprise beamte? Genau das war aber nicht der Fall, wie sowohl O'Brien als auch die Aufzeichnungen des Transporters hätten bestätigen können.

Bei der Gelegenheit: Auch O'Brien wird nicht verhört.

Dr. Nel Apgar aktivierte den Kriegerwellenstrahl, der dann von dem Transporterstrahl abprallte und in eine andere Richtung gelenkt wurde. Wieso hat Krag bei seinen Sensorenaufzeichnungen nur den abgeprallten Strahl festgestellt, nicht aber den ursprünglichen?

Der Lambdafeld-Generator schickt ein paralleles Strahlenfeld Richtung Labor, wo es dann gebündelt wird. Das würde bedeuten, dass sich die Enterprise ebenfalls – wie das Labor – im Trichter dieses Felds befunden haben muss. Außenaufnahmen zeigen, dass dies gar nicht möglich ist, da sich die Enterprise entgegen der Rotation des Planeten bewegt.

Als sich der Kriegerwellenstrahl aus dem Holodeck in der Krankenstation von Dr. Crusher bündelt, ist die Verhandlung unterbrochen. Hat man in dieser Zeit das Holodeckprogramm weiterlaufen lassen? Wozu?

Als sich am Ende das Holodeckprogramm abschaltet, bleiben glücklicherweise die Stühle intakt, auf denen Picard, Riker, Krag und Deanna sitzen!

Einschaltquoten (von Martin Seebacher):

Einen 3. Platz bei einen Rating von 10.8 Rating Punkten konnte die Folge in den USA erzielen.

In Deutschland erreichte die Folge im ZDF 1,05 Mio. Zuschauer. Die Sat.1 Erstausstrahlung (31.1.1994) erreichte über ein Jahr später 1,47 Mio. Zuschauer bei einem Marktanteil von 16,4%.

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Letztes Update:
5. August 2002

©2002 Thomas Höhl.