Star Trek - The Next Generation: 67
"Captain's Holiday" (Picard macht Urlaub)

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Staffel3
66: "Allegiance"
68: "Tin Man"
US-Erstsendung:
31.3.1990

ZDF-Erstsendung:
27.11.1993

Regie:
Chip Chalmers

Drehbuch:
Ira Steven Behr

Gaststars:
Jennifer Hetrick
als Vash

Karen Landry
als Ajur

Michael Champion
als Boratus

Michael Grodenchik
als Sovak

Deidre Imershein
als Joval

Inhalt:

SzenenbildPicard entschließt sich zu einem Urlaub auf dem Planeten Risa – nach einiger Überzeugungsarbeit von Crusher, Riker, Troi und der restlichen Crew. Dort trifft er Vash, eine Archäologin; Sovak, einen Ferengi; und die Vorgonen, Zeitreisende aus der Zukunft. Sie alle werden vereint von dem Tox Uthat, einer mächtigen Waffe aus der Zukunft. Vash sucht den Uthat, um ihn dem Meistbietenden zu verkaufen, mit Vorliebe einem wissenschaftlichen Institut. Sovak ist hinter Vash her, um von ihr zu erfahren, wo sich der Uthat befindet, und ihn, ohne Vorliebe, dem Meistbietenden zu verkaufen. Die Vorgonen wiederum wissen, dass Picard den Uthat finden wird, und haben deshalb diesen Ort und diese Zeit besucht, um den Uthat in Sicherheit zu bringen. (Oder zu stehlen; ihre Identität wird nie eindeutig aufgelöst.)

Vash und Picard machen sich auf die Suche nach dem Uthat und kommen sich rasch näher. Sie erreichen schließlich eine Höhle, in der sich der Uthat befinden sollte. Dort tauchen die Vorgonen auf, um ihn an sich zu nehmen. Außerdem werden die beiden von Sovak überrascht, der sie verfolgte. Nach stundenlangem Graben muss Sovak einsehen, dass der Uthat nicht zu finden ist und Vashs Information über seine Lage offenbar falsch war.

Kommentar:

"Captain's Holiday" ist äußerlich eine atypische Episode, was eine begrüßenswerte Erfrischung ist. Sie spielt zum kleinsten Teil auf der Enterprise und zeigt uns Picard in Zivil. Auch inhaltlich ist die Episode an mehreren Fronten atypisch, womit sie aber weit weniger Erfolg hat, wie ich unten ausführen werde. (In der neudeutschen Nussschale: Zuviel Gier, zuwenig Witz und allem voran Figuren, die man nicht wiedererkennt.) Die Episode scheitert letztlich trotz einiger vergnüglicher Szenen zu Anfang, speziell jener auf der Enterprise, als Picard in den Urlaub gepiesackt wird.

"Captain's Holiday" enthält ein halbfertiges Zeitreiseelement, das nie befriedigend aufgelöst wird (vgl. Nitpicking) – doch das ist nur ein Schönheitsfehler. Wichtiger: Sie ist um ein Hitchcock'sches McGuffin strukturiert, den Tox Uthat: Das eine Ding, das alles Handeln antreibt, ohne dass dabei wichtig wäre, was es genau ist. Alle begehren es, kämpfen darum oder finden seinetwegen zueinander. Es ist also offensichtlich, dass reizvolle Figuren, Beziehungen und Witz gefragt wären, denn sie, nicht das McGuffin, stehen im Rampenlicht. Dies muss den Autoren bewusst gewesen sein, denn die Handlung an sich ist gar dünn – und doch scheitert die Episode hier. Nun: Figuren, ihre Beziehungen untereinander und Witz. In dieser Reihenfolge bespreche ich die Episode in den folgenden Absätzen.

Picard scheint nicht sich selbst zu sein. Die ersten paar Szenen als Urlauber wider Willen sind herrlich, doch bald findet man Picards Mürrischkeit auf Risa übertrieben – so matt kennt man den Captain nicht. Danach wandelt er sich zum Gegenteil, und bald sehen wir einen Picard, der mit einer Frau schläft, obwohl er weiß, dass er sie hinters Licht führt. (Er hat ihr schließlich nicht erzählt, dass er den Uthat den Vorgonen übergeben will. Und es ist keine Entschuldigung, dass Vash auch ihn betrügt – aus Prinzip nicht, aber auch deshalb nicht, weil das Picard zu der Zeit noch gar nicht wissen konnte.) Dieser Picard entspricht nicht dem Bild, das man während der restlichen Serie gewinnt. Man hat bald den Eindruck, sein Verhalten werde nur von der jeweiligen Szene diktiert. Einmal muss er mürrisch und anämisch sein, um dem Witz über das Jamaharohn zu dienen; dann wieder hat er mit Vash zu schlafen und sich in sie zu verlieben, sonst wäre es ja kein romantisches Action-Abenteuer. Letztlich muss man wohl froh sein, dass ihm keine zu große Verschlagenheit angedichtet wurde und er nicht auch noch dem Profit hinterher rannte – Korrektur: dass er nicht auch noch dem finanziellen Profit hinterher rannte.

Ira Steven Behrs Drehbuch führt mit Vash die erste und vielleicht die einzige menschliche Figur in der "Next Generation" ein, deren Ziel der finanzielle Profit ist (ausgenommen natürlich Menschen aus der Vergangenheit). Das passt nicht zur Serie und fühlt sich an wie ein Fremdkörper. Es ist schwierig, sich eine Welt vorzustellen, in der einige Menschen so sind wie das Gros der Föderation und andere so gierig, klein und erbärmlich wie Vash. Vielleicht verliert sie deshalb sehr rasch unsere Sympathie. Damit wird es schwierig, Picards Begeisterung für die Frau zu verstehen (zumal er ein Buch über Ethik bei sich hatte!) – der Zuschauer wird zum Außenseiter in der Liebesbeziehung. Ich vermute, dies ist ein Grund, weshalb ich so rasch das Interesse verlor.

Die Profitgier ist allerdings bezeichnend für Behrs Geschichten. Er leitete in späteren Seasons die Serie "Deep Space Nine": Dort wurde Geld nach und nach wieder eingeführt, vermutlich zu einem Teil, weil es den Figuren rasch ein nachvollziehbares Motiv geben kann, so wie auch hier. Leider geht damit aber auch ein Reiz der Serie verloren. Die erfolgreiche quasi-kommunistische menschliche Gesellschaft in der "Next Generation" ist mindestens ebenso futuristisch wie der Warpantrieb. Wenn die Serie hoffnungsvoll und inspirierend genannt wird, wie es oft geschieht, dann ist vor allem diese Gesellschaftsform gemeint. "Captain's Holiday" hat keinen sinnvollen Grund, diese Utopie anzukratzen.

Es bedarf vermutlich keiner Erwähnung (aber ich tippe nun einmal gerne), dass die Episode von "Romancing the Stone" beeinflusst wurde. Dieser Film mit Michael Douglas, der deutsche Titel ist "Die Jagd nach dem grünen Diamanten", steht seinerseits wiederum unter dem Einfluss – und war auch eine Parodie – des ersten "Indiana Jones" Films. Die dazugehörige Art von amüsierter Verspieltheit dringt leider in "Captain's Holiday" nicht so richtig durch, was vielleicht daran liegt, dass "The Next Generation" eine vergleichsweise seriöse Serie ist und dieser Rahmen nicht völlig gesprengt werden kann. Womit ich nun keineswegs behaupten will, die Serie sei humorlos; im Gegenteil, auf ihre Weise ist sie oft sehr amüsant. (Wie und wann genau: Darin läge Material für ein Essay.) Nur experimentiert diese Episode mit einem Humor, der vermutlich nicht zur Serie passt. Die "Next Generation" beherrscht zwar durchaus die direkte Komödie, ich offeriere als Beispiele "Clues" und "Qpid" der vierten Season (dt.: Beweise/Gefangen in der Vergangenheit). Aber meistens scheint sie mir den Humor im Ernsten zu finden. "Hollow Pursuits" (dt.: Der schüchterne Reginald) und "In Theory" (dt.: Datas erste Liebe) sind beides im Grunde ernste Episoden, und doch sind beide witziger als "Captain's Holiday".

Bemerkenswertes:

Diese Episode führt das später oft erwähnte Ferienressort Risa ein. Eine kurze Szene in "The Game" (dt.: Gefährliche Spielsucht) der fünften Season wird wieder auf dem Planeten spielen. Anschließend besuchen wir ihn erst in der fünften Season von "Deep Space Nine" wieder, und zwar in der Episode "Let He Who Is Without Sin" (dt.: Die Reise nach Risa). Die zweitletzte Episode der ersten Season von "Enterprise" spielt ebenfalls auf Risa, "Two Days and Two Nights" (dt.: Zwei Tage auf Risa).

Vash, gespielt von Jennifer Hetrick, kehrt in "Qpid" (dt.: Gefangen in der Vergangenheit) der vierten Season zurück. Sie wird anschließend ein letztes Mal in "Q-less" von "Deep Space Nine" zu sehen sein. Einigermaßen bekannt ist sie außerdem als Skinners Ehefrau in "The X-Files".

Das Symbol der Fruchtbarkeit auf Risa ist das Horgh'an; es verhilft zu Jamaharohn; und wir alle wundern uns, ob Picard wirklich keine Vorstellung hatte, was das sein könnte? Beide Begriffe gehören jedenfalls zu den beliebtesten Wortschöpfungen der Serie.

Max Grodenchik spielt den Ferengi Sovak; später wird er sehr viel besser bekannt in der Rolle eines anderen Ferengi: Rom, Quarks Bruder in "Deep Space Nine". Auch der Darsteller von Quark, Armin Shimerman, war bereits einmal als Ferengi in "The Next Generation" zu sehen, nämlich in "The Last Outpost" (dt.: Der Wächter).

Fremde Kulturen: Die Ferengi verstehen Frauen als Besitztum (womit "du musst mir gehören!" eine neue Bedeutung erhält), was auch in "Ménage à Troi" (dt.: Die Damen Troi) wieder angedeutet wird. Auf Risa ist im Hintergrund einmal ein Andorianer zu sehen, wie auch in "The Offspring" (dt.: Datas Nachkomme). Ebenfalls im Hintergrund zu sehen ist eines der Aliens aus "Lonely Among Us" (dt.: Die geheimnisvolle Kraft).

Das Daystrom Institute, ebenso wie Risa oft erwähnt, kommt auch in dieser Episode wieder vor. Es geht zurück auf den Computerwissenschafter namens Daystrom in der Classic Episode "The Ultimate Computer" (dt.: Computer M-5"). Wer es nicht lassen kann, vergleiche mit "Booby Trap" (dt.: Die Energiefalle) und "The Schizoid Man" (dt.: Das fremde Gedächtnis) sowie "The Measure of a Man" (dt.: Wem gehört Data?).

Picard packt "leichte Lektüre" für seine Reise ein: "Ulysses" von James Joyce und "Ethics, Sophistry and the Alternate Universe" – letzteres klingt ein wenig wie (ist aber ganz sicher nicht) ein Buch von Douglas Adams, Autor des "Hitchhiker's Guide to the Galaxy".

Nach dieser Episode zu schließen hat Risa mehrere Sonnen, wie man auch in der DS9-Folge "Let He Who Is Without Sin" sehen kann.

Nitpicking:

Die Episode erfährt eigentlich nie eine Auflösung, da am Schluss unklar bleibt, ob die Vorgonen tatsächlich waren, was sie vorgaben – oder eben doch das Paar, das den Uthat ursprünglich gestohlen hatte. Nachdem Picard den Uthat zerstört hat und die Vorgonen zufrieden sind, nimmt man an, sie seien genau das, was sie behauptet hatten. Picard scheint aber zwei Szenen später überzeugt zu sein, dass die Vorgonen den Uthat an sich nehmen wollten und es wieder versuchen würden. Natürlich ist es gleichgültig: Der Uthat hat Picard mit Vash zusammen auf eine Reise geschickt, und das ist sein einziger Zweck als Hitchcock'sches McGuffin.

Zitate:

Timing und Jonathan Frakes' Grinsen machen aus diesem Austausch einen kleinen Klassiker. Riker zu Picard: "Did I mention how imaginative the Risian woman are, sir?" Troi: "Too often, commander."

Sovak: "I am willing to pay your weight in gold for the disc. Is that not a generous offer?" Eines der vielen alltäglichen Fettnäpfchen? Oder denkt Sovak wirklich, er gewinne Vash für sich, indem er sie dick nennt?

Einschaltquoten (von Martin Seebacher):

Erneut ein 3. Platz für die Next Generation in den US-Syndication Charts, diesmal bei einem guten Rating von 11.7 Punkten.

Das ZDF konnte bei der Folge 1,09 Millionen Zuschauer verbuchen, die Sat.1 Erstausstrahlung (7.2.1994) wurde sogar von 1,52 Mio. Zuschauern verfolgt, was der Folge einen Marktanteil von 15,6% bescherte.

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Letztes Update:
30. September 2002

©2002 Rafael Scholl.