Inhalt:
Der Energiestrahl des Deflektors zeigt keine Wirkung. Locutus erklärt Riker, dass die Borg nun über das Wissen von Picard verfügen. Das Borgschiff setzt seinen Kurs Richtung Erde fort. Da beim Einsatz des Energiestrahls einige Reaktoren durchbrannten, muss die Enterprise zunächst Reparaturarbeiten ausführen.
Admiral Hanson befördert Riker vorübergehend zum Captain der Enterprise. Nach langen Überlegungen wählt Riker Commander Shelby zu seinem ersten Offizier. Als die Borg Wolf 359 erreichen, bricht die Funkverbindung zur Flotte ab. Kurz darauf trifft die Enterprise dort ein und findet nur noch ein Trümmerfeld vor. Die Borg haben die ganze Flotte vernichtet.
Guinan überredet Riker, nicht länger zu überlegen, was Picard tun würde, weil die Borg nun über dieses Wissen verfügen. Riker nimmt Kontakt zu dem Borgschiff auf und will eine Unterredung mit Locutus. Der durchschaut dies aber als Versuch, die Eroberung durch die Borg hinauszuzögern.
Riker lässt die Untertasse der Enterprise abtrennen. Daraufhin konzentriert sich das Borgschiff allein auf den Rumpf der Enterprise. Von der Untertasse werden aber Antimaterieladungen auf das Borgschiff abgefeuert, die den Traktorstrahl ablenken. Unterdessen durchdringen Worf und Data in einem Shuttle das elektromagnetische Feld des Borgschiffs und beamen ins Innere des Würfels, wo sie Picard finden und auf die Enterprise zurückbringen können. Danach setzt das Borgschiff den Kurs Richtung Erde fort, während Locutus erklärt, er werde auch auf der Enterprise die Stimme der Borg sein. Dr. Crusher kann die Borgimplantate nicht entfernen, ohne Picard zu töten.
Data nimmt Verbindung mit den mechanischen Teilen von Locutus auf. Er sucht nach einer Schwachstelle im Borgkollektiv. Die Borg dringen ins Sonnensystem ein und eröffnet das Feuer auf die Enterprise. Riker will schon einen Kamikazeflug in den Borgwürfel befehlen, als Data eine Verbindung zu einem ungeschützten Teil des Borgkollektivs herstellen kann. Es ist der für den Regenerierungsmodus zuständige Abschnitt. Auf die Idee brachte ihn Picard, der durch Locutus den Hinweis "Schlaf" schicken konnte. Data schickt alle in den Regenerationsmodus, woraufhin sich das Borgschiff selbst zerstört.
Kommentar:
"Best of Both Worlds Part 2" ist ähnlich spannend wie der erste Teil. Es ist nicht nur bis zur letzten Minute unklar, wie es der Enterprisecrew noch gelingen könnte, das Borgschiff aufzuhalten, die Auflösung ist auch sehr clever und überzeugend. Es herrscht allgemein die Ansicht, dass die Fortsetzung von "Best of Both Worlds" nicht an den Cliffhanger heranreicht. Das mag stimmen, doch der zweite Teil kommt dem ersten in Sachen Qualität, Dramatik und Spannung doch sehr nahe, was angesichts des perfekten ersten Teils mehr ist, als man hätte hoffen können.
Michael Piller versteht es, in seinem Drehbuch die Lage immer auswegloser zu gestalten; auch die Tragik wird immer größer. Er baut sogar die Zerstörung einer ganzen Flotte aus vierzig Schiffen in die Handlung ein, ein bei "Star Trek" bis dahin einmaliges und erschütterndes Ereignis. Das ist freilich nichts im Vergleich zu den Verlusten, die später in "Deep Space Nine" zu beklagen sind, doch "Deep Space Nine" sollte damit nur beweisen, dass diese Gigantomanie eher inflationär wirkt. Das Schlachtfeld, das die Borg hinterlassen, ist erschütternd genug, und es ist gezielt eingesetzt, um eine völlig verzweifelte Situation zu schaffen.
Hinzu kommen einige Veränderungen, die erneut für Verunsicherung sorgen. Admiral Hanson ist überzeugt, dass Picard von den Borg getötet wurde, sonst hätte er nie zum Teil des Borgkollektivs werden können. Daraufhin macht er Riker zum Captain. Guinan überredet Riker, nicht mehr wie Picard zu denken, denn dies sei nun seine Enterprise. Der Zeitpunkt für eine solche Situation war sehr günstig, und sie war im Grunde schon im Pilotfilm der Serie vorbereitet worden. Bereits da hieß es, dass Riker der Captain der Enterprise sein möchte, und man konnte vermuten, dass die Serie in ihrem Verlauf dazu führen würde, dass Riker den alten Picard ablöst. Zugleich war die Serie schon so weit vorangeschritten, dass einem dieser Schritt als Zuschauer nicht kalt gelassen hätte. (Zu Beginn der zweiten Staffel wäre das vielleicht noch anders gewesen.) Daher konnten die Zuschauer bis zum Finale grübeln, ob die Serie in einem Wendepunkt tatsächlich Riker zum Captain der Enterprise machen würde.
In dem gesamten Zweiteiler stand eine Frage im Zentrum: Wie soll es gelingen, die übermächtigen Borg aufzuhalten? Letztlich hing die Qualität der Folge an der Originalität der Auflösung. Genau die war erfreulicherweise sehr clever erdacht und elegant inszeniert. Besonders erfreulich ist das menschliche Element, das dabei im Zentrum steht. Picard kann zu Data durchdringen und ihm den Hinweis "Schlaf" geben. Er greift in diesem Moment mit seiner menschlichen Hand nach Datas Arm, eine "Verbindung", die Data im Verlauf der ganzen Szene beibehält. Als Data das Kommando ins Borgkollektiv eingibt, wehrt sich der mechanische Teil von Locutus. Locutus versucht, Data mit seinem Metallarm anzugreifen, den Data mit all seinen Kräften abwehren kann. Es ist eine Art intimer Kampf, den Locutus mit Data führt, und sie zeigt die beiden Elemente von Picard: Seine kybernetische Hälfte, die mit Data kämpft, und seine menschliche Hälfte, die Datas Arm hält. Das Besiegen der Borg gelingt letztlich nicht mit einer Superwaffe, sondern mit Intelligenz und aufgrund von Datas Verbindung zum Menschen Picard.
Die Episode endet ohne Jubel, sondern mit traurigen Klängen. Picard bleibt allein in seinem dunklen Bereitschaftsraum zurück und starrt ins All. Die Enterprise ist wieder bei der Erde und damit an einem neuen Anfang angekommen. Der Zuschauer weiß, dass hier noch etwas nachkommen muss, und die Serie weiß es auch. Erstmals in der Geschichte von "Star Trek" beschäftigt man sich mit den Auswirkungen einer Episode, was uns direkt zu "Family" (dt.: Familienbegegnung) führt, einer Episode, die nicht weniger als "Best of Both Worlds" den bis dahin bei "Star Trek" festgelegten Rahmen sprengt.
"Best of Both Worlds" endet spannend und mitreißend. Leider trüben einige Ungereimtheiten den Gesamteindruck. So ist es rätselhaft, weshalb das Borgschiff die Enterprise so oft in Ruhe lässt, anstatt sich diesen Widersacher genauso vom Leibe zu schaffen wie die Flotte. Aus dem gleichen Grund enttäuscht wahrscheinlich auch ein wenig der Beginn der Episode, bei der es auf einen erneuten Kampf gegen das Borgschiff hinauszulaufen droht, während der Borgwürfel einfach davonfliegt. Doch den enorm guten Gesamteindruck mag das nicht zu schmälern.
Erwähnenswertes:
Der zweite Teil von "Best of Both Worlds" knüpft nahtlos an den ersten Teil an. Das gelingt so elegant, dass man kaum glauben mag, dass zwischen den Dreharbeiten mehrere Monate Pause lagen. Es wurden auch wieder alle Gaststars aus dem ersten Teil verpflichtet. Das hatte natürlich den Nachteil, dass sich die Serie in der Pause nicht wie bisher Änderungen und Verbesserungen im Design überlegen konnten.
Riker macht in dieser Folge ausgesprochen häufig das "Picard-Maneuver", womit das Straffziehen der Uniform gemeint ist. Lag es daran, dass er in die Rolle Picards geschlüpft ist, oder war die Uniform nach der Sommerpause vielleicht ein wenig zu eng geworden?
Da die vierte Staffel den Cliffhanger des ersten Teils fortsetzt, wurde sie als die "Sequel-Season" bekannt. Doch nicht nur deswegen, fast jede Episode der vierten Staffel ist eine Fortsetzung einer früheren Folge. Der Reisende kommt wieder, Worfs Frau K'Ehleyr besucht Worf mit seinem Sohn, die Geschichte um Worfs Entehrung und seine Feindschaft mit Duras wird weitergesponnen, Lore darf wieder auftauchen, Tasha Yars Schwester erinnert an die verstorbene Sicherheitschefin und schließlich taucht auch noch Yars romulanische Tochter Sela auf, eine Fortsetzung der Ereignisse in "Yesterday's Enterprise" (dt.: Die alte Enterprise). Auch die Barclay-Geschichte erhält hier ihr zweites und bei weitem nicht letztes Kapitel. All diese "Fortsetzungen" zeigen, dass "Star Trek" damals das Konzept der Einzelfolge zu eng geworden war. Die vierte Staffel war für diesen Schritt besonders passend, immerhin ist es die Season, mit der die "Next Generation" die Anzahl der Classic-Folgen überholte. Das Vorgehen erwies sich offenbar als richtig, die vierte Staffel hatte eine deutlich höhere Quote und mit "Devil's Due" (dt.: Der Pakt mit dem Teufel) sogar einen neuen Quotenrekord.
Ab der vierten Staffel wurde Rick Bermans Name neben Gene Roddenberry als ausführender Produzent genannt.
Hintergründe:
Michael Piller änderte seinen Entschluss, die Serie zu verlassen. Er blieb, und er schrieb daher die Fortsetzung, zu der er sich während des ersten Teils nur wenig Gedanken gemacht hatte. Er wusste angeblich lange Zeit selbst nicht, wie er den Konflikt mit den Borg beenden sollte. Vielleicht war die Auflösung daher auch für den Zuschauer so überraschend. Erst zwei Tage vor Drehbeginn hatte Piller die Idee, die innere Verbundenheit der Borg als ihre Schwäche zu entlarven.
Die Mars-Schiffe unbemannte Raketenbomben basierten auf Torpedo-Modellen, die für den Film "Jagd auf Roter Oktober" verwendet worden waren.
Details:
Ein weiteres Sequel-Element: Dr. Crusher schlägt Naniten als Waffe gegen die Borg vor. Sie nimmt damit Bezug auf eine Technik, die in einer anderen Folge entwickelt wurde.
Lt. Barclay wird erwähnt.
Erstmals wurde gezeigt, dass sich Transporter auch in Shuttles befinden. Ein Element, das seit dieser Folge etabliert ist.
Die Flotte bei Wolf 359 bestand aus 40 Schiffen. In "The Drumhead" (dt.: Das Standgericht) wurde gesagt, dass 39 Schiffe zerstört (und 11.000 Leben getötet) wurden. Das heißt: Ein Schiff kam offenbar mit heiler Haut davon!
Commander Shelby meint, es würde ein Jahr dauern, um die Flotte wieder aufzubauen. In "The Wounded" (dt.: Der Rachefeldzug) wird dann noch einmal erwähnt, dass es zur Zeit nicht allzu viele Schiffe gibt.
Die Kampfbrücke der Enterprise sieht nun anders aus als in der Folge "Arsenal of Freedom" (dt.: Die Waffenhändler).
Nitpicking:
Das Gestell, auf dem Dr. Crusher Picard herabsenkt, wurde bereits in der Folge "The Offspring" (dt.: Datas Nackomme) verwendet. Die Frage ist nur: Welche Funktion erfüllt es hier? Will Dr. Crusher dem guten Locutus ein wenig die Decke des Behandlungsraums zeigen?
Manchmal muss man sich ja fragen, ob sich Data dümmer gibt als er ist. Beim ersten Teil erwidert er aufs Shelbys Spruch "der frühe Vogel fängt den Wurm", dass es weder Vögel noch Würmer auf dem Planeten gebe. Hier belehrt er Dr. Crusher, Picards Wort "Schlaf" nicht wörtlich zu nehmen, weil es wahrscheinlich irgendeinen Hinweis enthalte. Data hat also durchaus einen Sinn für das Doppeldeutige, wenn er will.
Wenn die Borg so schnell sind, dann ist es unklar, wie die Enterprise mit ihnen so lange Schritt halten kann. Noch schlimmer: als man Wolf 359 erreicht, scannt Data Fluktuationen, die die Enterprise auf die Spur der Borg bringen. Die Enterprise holt die Borg dabei sogar ein.
Dr. Crusher meint, die Borg könnten Locutus nicht einfach abtrennen, es wäre so, als würden wir unseren eigenen Fuß abschneiden wollen. Das mag bei Locutus anders sein als bei gewöhnlichen Drohnen, warum aber hatte das Borgschiff das Shuttle zerstört, in dem sich Locutus befand, und aus dem Locutus mit Data und Worf in letzter Sekunde in Sicherheit gebeamt werden konnten?
Wieso unternehmen die Borg keinen Versuch, Locutus erneut zu entführen? Die Enterprise war zu diesem Zeitpunkt ziemlich wehrlos. Ein paar Drohnen hätten genügt.
Warum haben Worf und Data, als sie sich ins Borgschiff begaben um Locutus zu holen, nicht eine Zeitbombe mitgenommen?
Als der Traktorstrahl der Borg durch das Antimateriefeuer der Enterprise abgelenkt wird, während Worf und Data mit einem Shuttle den Captain holen, benutzen die Borg kein einziges Mal ihren Laserstrahl. Warum?
Wenn das Antimaterie-Sperrfeuer in der Lage ist, den Traktorstrahl abzuhalten, wieso hat man es danach nie wieder verwendet?
Am Ende der Folge sieht es so aussichtslos aus, dass Riker befiehlt, auf Warp zu gehen. Würde das der Traktorstrahl nicht verhindern?
Einschaltquoten (von Martin Seebacher):
Die Premiere der 4. Staffel erzielte in den USA ein Rating von 12.3 Punkten und einen 2. Platz in den Syndication Charts das beste Ergebnis seit der 8. Folge "Justice" (dt. Das Gesetz der Edo) aus der ersten Staffel.
Im ZDF wurde der zweite Teil des Cliffhangers von 1,79 Mio. Zuschauern verfolgt um 470.000 mehr, als der erste Teil. Die Sat.1 Premiere am 17.02.94 verzeichnete 1,99 Mio. Zuschauer bei einem sehr guten Marktanteil von 18,2% aller Zuschauer.
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