Inhalt:
Die Enterprise untersucht das Verstummen einer Relaystation. Sie findet eine unbekannte Sonde, die sogleich Einfluss nimmt auf Reginald Barclay: Sie rüstet ihn mit den geistigen Fähigkeiten aus, um das Schiff in kürzester Zeit in einen weit entfernten Teil der Galaxis zu bringen. Dort stellen sich die Cytherianer vor ein Volk, das mittels ihrer Sonden andere Raumfahrer zu sich holt, anstatt selbst zu verreisen. Es findet ein freundlicher kultureller Austausch statt, und Barclay wird wieder zum alten Selbst zurück gestaucht.
Kommentar
"The Nth Degree" ist eine weitere Episode mit mehr als einem Hauch der "Twilight Zone" (vgl. "Future Imperfect", dt.: Gedächtnisverlust). Sie macht großen Spaß und gehört zu meinen Favoriten zweiter Klasse womit ich jene Episoden meine, denen ich zwar kein großes künstlerisches oder inhaltliches Gewicht zuschreiben kann, die mir aber trotzdem in sehr warmer Erinnerung bleiben. Die Episode unterhält von Anfang an bis hin zur ungewöhnlichen und gänzlich konfliktfreien Auflösung, die dem Klischee zum Trotz auch in der "Next Generation" nicht die Norm ist. Die Auflösung enttäuscht oder langweilt aber nicht im geringsten und hinterlässt (ganz im Gegenteil) einen besonders warmen Nachgeschmack.
Die Episode präsentiert eine kurzweilige und humorvolle Mischung aus Action und Mystery. Sie profitiert dabei von flüssiger und routinierter Umsetzung. (Wobei ich Routine im positiven Sinn meine: nämlich als eine Eigenschaft von Leuten, die wissen, was sie tun.) Aber wichtiger noch erscheint mir, dass die Enterprise und ihre Besatzung hier einmal mehr lebendig und real wirken, und dies in einem Ausmaß, dass die vorhergehenden Seasons nicht zustande brachten. Die Charaktere sind dabei an keiner Stelle zentral, aber sie unterstützen praktisch jede Szene. Es gilt, was auch für die meisten übrigen Folgen der Season gilt: Viele subtile Details sind sehr stimmig (beispielsweise Rikers Reaktion, als Troi von Barclays "gutem" Annäherungsversuch erzählt), und einige der Szenen haben besondere Resonanz, weil die Figuren bereits eine Vorgeschichte haben. In diesem Fall denke ich natürlich in erster Linie an "Hollow Pursuits" (dt.: Der schüchterne Reginald), jene Episode aus der dritten Season, die Barclay selbst sowie seine Beziehung zu Troi, Riker und Geordi einführte. Obwohl "The Nth Degree" also keine "Charakterepisode" im engeren Sinn ist, profitiert sie doch von der Sorgfalt, mit der die Autoren ihre Figuren aufgebaut haben. (Eine persönliche These, die ich seit "Evolution", dt.: Die Macht der Naniten, wiederholt erwähnt habe, hoffentlich noch nicht bis zum Verdruss der Leser.)
Besonders gelungen ist die Umkehrung von Barclays Unsicherheit zur süffisanten Überlegenheit, wobei er natürlich lediglich von einem Pol des Außenseitertums zum anderen gelangt. (Vielleicht ein all zu häufiges Schicksal des talentierten Außenseiters.) Gleichzeitig ist es schön zu sehen, dass Barclays "Sozialisierung" hier als anhaltendes und fortschreitendes Unterfangen gezeigt wird ein weiteres Beispiel für die exzellente, glaubwürdige und unaufdringliche Kontinuität innerhalb Serie.
Die visuellen Effekte der Episode halten sich in meinen Augen sehr gut im Vergleich zur stets steigenden Messlatte. Auf die Gefahr hin, dass nun vor allem der detailverliebte Fan aus mir spricht: Viele der Effekte wirken sowohl kunst- wie auch stimmungsvoll (beispielsweise die frühe Szene im Shuttle mit Geordi und Barclay), womit sie deutlich mehr als nur technischen Aufwand bieten. Es verwundert mich deshalb nicht, dass ihre Wirkung nicht übertrumpft wird, nur weil die Technik fortschreitet.
Bemerkenswertes:
Dwight Schultz kehrt zurück in der Rolle des Reginald Barclay. Sein erster Auftritt ist in "Hollow Pursuits" der dritten Season zu sehen, sein dritter in "Realm of Fear" der sechsten (dt.: Todesangst beim Beamen). Danach kehrte er noch zweimal zurück, und zwar in "Ship in a Bottle" (ebenfalls aus der sechsten Season, dt.: Das Schiff in der Flasche) und in "Genesis" kurz vor dem Ende der Serie.
Diese Episode gibt Beverly Crusher ein weiteres Hobby zusätzlich zum Tanz aus "Data's Day" (dt.: Datas Tag): Sie inszeniert Theaterstücke und übernimmt Rollen in ihnen. Dies wird in "Frame of Mind" (dt.: Phantasie oder Wahrheit) der sechsten Season erneut aufgegriffen.
Das Shuttle, in dem Geordi und Barclay die Sonde untersuchen, ist nach Richard Feynman benannt. Feynman war ein Nobelpreisträger in Physik, dessen autobiographischen Geschichten ich warm empfehle. Es gibt davon zwei Bände: "Surely You're Joking, Mr. Feynman" (dt.: Sie belieben zu scherzen, Mr. Feynman) und "What Do You Care What Other People Think?" (dt.: Kümmert Sie, was andere Leute denken?).
Nitpicking:
Warum "programmieren" die Cytherianer ihre Opfer vielleicht sollte man sie als Boten bezeichnen so unvollständig? Wenn sie Barclay dazu bringen können, das Schiff in einen anderen Teil der Galaxis zu befördern, warum können sie ihm nicht auch den Sinn und den Zweck dieser Reise mitgeben? Muss er gleich das Schiff entführen? Vielleicht sind einige Besucher natürlich weniger einsichtig, friedfertig und vertrauenswürdig als die Crew der Enterprise.
Zitate:
Geordi, über die unbekannte Sonde: "This is why I'm in Starfleet."
Riker: "Mr. Barclay, everyone's still trying to figure out just how you did it."
Barclay: "Well, it just occurred to me that I could set up a frequency harmonic between the deflector and the shield grid using the warp field generator as a power-flow anti-attenuator and that, of course, naturally, created an amplification of the inherent energy output."
Riker: "Aha… I see that."
Geordi: "You just spent the entire night arguing grand unification theories with Albert Einstein!"
Barclay: "Yes, but…" (Was für ein "aber" kann es hier noch geben?)
Picard: "Has Mr. Barclay done anything that could be considered particularly threatening?"
Troi: "Well, he did make a pass at me last night… a good one."
Barclay: "I can perceive the universe as a single equation… and it is so simple. I understand."
Geordi: "You understand?"
Barclay: "Everything."
Einschaltquoten:
In den USA erreichte die Folge 11 Rating Punkte und einen dritten Platz in den Syndication-Charts.
In Deutschland waren bei der Erstausstrahlung 1,87 Mio. Zuschauer bei einem guten Marktanteil von 18,9%.
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